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Vielfalt in der Einheit

Mehrgenerationenhaus in Darmstadt
Vielfalt in der Einheit

Die meisten Menschen denken beim Bau ihres Einfamilien- oder Reihenhauses nur an die augenblickliche Nutzung. Meist sind Familiengründungen der Anlass dafür. Dass ein Haus mehr als nur einer Lebensphase dienen kann, zeigen die flexiblen Grundrisse des Generationen übergreifenden Wohnhauses in Darmstadt. When building their own detached or terrace house most people think only about immediate requirements. Frequently the reason is the founding of a family. That a house can serve more than one phase in life is demonstrated by the flexible plans of a private house in Darmstadt, valid for more than one generation.

Es ist schon eher ungewöhnlich, dass ein Familienvater sich entschließt, für seine Familie zu bauen, obwohl die Kinder längst aus dem Haus sind. Auslöser für diese späte Absicht war ein Grundstücksangebot in besonders schöner Lage am Stadtrand von Darmstadt. Der Besitzer des hochherrschaftlichen Geländes mit schlossartiger Villa, einer runden, architektonisch reizvollen Voltigierhalle und altem Baumbestand wollte sich von einem Teil seines Besitzes entlang der stark befahrenen Dieburgstraße trennen. Was für eine Gelegenheit! Das parkähnliche Grundstück gehört dem Käufer zwar nicht, liegt aber dennoch in seinem Blickfeld. Für die Planer ideale Voraussetzungen, zumal auch noch die Ausrichtung nach Südwesten gegeben ist.

Genutzt werden sollte das Haus vom Bauherrnehepaar selbst und zwei seiner erwachsenen Kinder in drei separaten, in sich abgeschlossenen und voll funktionstüchtigen Wohneinheiten. Daneben wünschte sich die kulturell engagierte Familie ein Haus für Empfänge, Feste, Ausstellungen und Konzerte. Dieser Anspruch aber sollte sich im äußeren Erscheinungsbild nicht »teuer und laut« dokumentieren. Vornehmheit bei gleichzeitiger Zurückhaltung waren die Planvorgaben. Keine gewöhnliche Aufgabe also. Anhand der Vielfalt des Raumprogramms wurde Flexibilität zum zentralen Entwurfsthema, nicht nur bezogen auf die privaten und gemeinschaftlich genutzten Flächen, sondern auch auf zu erwartende Veränderungen innerhalb der Familie.
Bei aller Gastfreundschaft und Offenheit des Hauses musste dennoch eine Privatsphäre gewährleistet bleiben. Das gelingt den Planern, indem sie die drei Wohnungen zu drei Häusern im Haus machen, zwischen die sich die öffentlichen Flächen schieben. Im Alltag dienen die zweigeschossigen Lufträume als Pufferzonen, die den nötigen Abstand zu den Wohnungen wahren – verschwenderisch großzügiger Raum, der nahtlos in die hausbreite Erschließungsspange übergeht. Sie dient nicht nur der optischen Wirkung, sondern ihre fast sieben Meter hohe, geschlossene Wand ist ideal zum Hängen von Bildern. Die hohe Kunst war nun, diese Funktionstrennungen räumlich nicht spürbar werden zu lassen. Eine durchgehende Flucht raumhoher Türen im Erdgeschoss und im Obergeschoss, einheitliche Material- und Farbfestlegungen in Bezug auf Wand, Boden und Decke stellen die Einheit in der Vielfalt wieder her. Auf diese Weise können sowohl horizontale als auch vertikale Raumverknüpfungen vorgenommen werden – spontan und auf längere Sicht, sollten sich die Familienverhältnisse einmal ändern. Der klare Stahlbetonbau aus Scheiben, Stützen und Decken kann auf eine dritte Generation genauso reagieren wie auf das Älterwerden der Eltern. Dafür sorgt die Schwellenfreiheit im ganzen Haus bis hinaus auf die Terrasse, die sich über die gesamte Südseite erstreckt. Selbst ein Lift wäre ohne Komplikationen in einer der gläsernen Zwischenräume anzubringen.
Diese ausgeprägt hohe räumliche Qualität ist dem Gebäude von
außen nicht unbedingt anzusehen. Kein repräsentativer Eingang, geschweige denn eine ebensolche Vorfahrt deuten auf ein Wohnhaus oder gar eine Villa hin – im Gegenteil: der horizontal gelagerte ruhende Baukörper, dreiseitig in einen Steinmantel aus dunkelgrauem Ziegel gehüllt, gibt sich geheimnisvoll, verbirgt den Eingang sogar hinter einer Mauerscheibe. Schichtweise erfasst der Besucher das Haus. Vom niedrigen, schlauchartigen Windfang in die hohe schmale, durch ein Oberlicht noch gedämpft beleuchtete Vorhalle zu den haushoch verglasten Lichthöfen und die sie begleitenden Wohnungen. Welch eine Aussicht! Gerahmte Landschaftsbilder wie auf einer Kinoleinwand – kaum zu glauben, dass dieses Haus am Stadtrand von Darmstadt steht. Zugegeben, das Haus stellt nicht den Normalfall dar, aber der Ansatz, beim Bau des Eigenheims, über die augenblickliche Situation hinaus, Flexibilität für weitere Lebensphasen in Betracht zu ziehen, wäre für die Planung sicher sinnvoll. Schließlich baut man (meistens) nur einmal im Leben. kr
Architekten: Kränzle + Fischer-Wasels Architekten, Karlsruhe Nikolaus Kränzle, Christian Fischer-Wasels mit Iris Klotz und Christian Knecht, Darmstadt Bauleitung: Jürgen Ludwik, Reinheim Tragwerksplanung: ISG-Gesellschaft für Ingenieurbau und Systementwicklung, Darmstadt Haustechnik: Karl J. Schuster Bauzeit: 2001 – 2003 BRI: 4381 kqm BGF: 1490 qm
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