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Sicher gemauert

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Sicher gemauert

Die vor einem Jahr veröffentlichte DIN 1053-100 ergänzt die bisherige DIN 1053, Teil 1 und 2 um ein neues Bemessungskonzept für Mauerwerk aus künstlichen und natürlichen Steinen. Das Nachweisverfahren beruht auf Teilsicherheitsbeiwerten und ist somit jetzt einheitlich mit den anzuwendenen Berechnungsverfahren bei anderen Materialien und deren Konstruktionen. In die Liste der Technischen Baubestimmungen aufgenommen wird die DIN 1053-100 allerdings frühestens Anfang 2006. Published a year ago, the building Stand-ard DIN 1053-100 extends the existing DIN 1053 Parts 1 + 2 with a new concept for assessment of masonry work of artificial and natural stone. The proof process is based on partial safety factores and is thus now uniform with methods of calcaluation to be applied for other materials and their construction. The DIN 1053-100, however, will be included in the list of technical building regulations earliest at the beginning of 2006.

Für die Bemessung von Tragwerken auf Basis des Teilsicherheitskonzeptes stehen in Deutschland bereits seit einigen Jahren technische Regelwerke zur Verfügung, wie etwa im Stahlbau die DIN 18 800. Mit der Veröffentlichung und bauaufsichtlichen Einführung der DIN 1045-1 für Tragwerke aus Beton ist nun auch die Bemessung von Betonkonstruktionen mit dem Teilsicherheitskonzept möglich. Flankiert und ergänzt mit den neuen Teilen der DIN 1055, Lastannahmen für Bauten, wird dieses Nachweis- und Bemessungskonzept auch für den Mauerwerksbau in Kürze eine wichtige Rolle spielen. Denn grundsätzlich sollten einzelne Elemente der Tragwerke unter Einbeziehung gleicher Nachweiskonzepte zu bemessen sein. Die Anforderungen an den Planer, die sich aus der Umstellung nahezu aller wichtigen Bemessungs-und Planungsnormen ergeben, sind anspruchsvoll genug. Sie sollten also nicht noch dadurch weiter verschärft werden, dass unterschiedliche Konzepte anzuwenden sind, die überdies zusätzliche Rechenschritte bedingen.

Warum nicht gleich die schon lange angekündigten europäischen Normen eingeführt und noch nationale Normen dazwischengeschaltet werden, ist klar: Der europäische »Normungsauftrag« ist noch immer nicht erfüllt. Der anfängliche Optimismus, eine europäische Mauerwerksnorm bereits Ende der neunziger Jahre fertig stellen zu können, konnte sich nicht durchsetzen. Da sich dieser Zustand bereits frühzeitig abzeichnete, beschloss man bereits 1997, auch die Mauerwerk-DIN 1053 [1] auf die »Methode der Grenzzustände« umzustellen – und sozusagen aus der Schublade zu holen, falls auch andere nationale Normen vor der Einführung der europäischen Normen auf das neue Nachweiskonzept umgestellt werden. Dieser »Ernstfall« ist mit der bauaufsichtlichen Einführung der DIN 1045-1, Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton, nun eingetreten. Dahingestellt sei, ob diese von den nationalen Normungsgremien angestrebte Übergangslösung in irgendeiner Weise auf einen für den Planer nachvollziehbaren Nutzen hinausläuft. Die Methode der Grenzzustände, die im vorliegenden Weißdruck der DIN 1053-100 [2], erschienen im August 2004, als Grundlage des neuen Nachweis- und Bemessungskonzeptes für Mauerwerk dient, ist ebenfalls Basis für den Eurocode 6, Mauerwerk. So dürfte zumindest die später erfolgende Umstellung von nationaler auf europäische Norm wenig Probleme bereiten. Die Entwicklungen der Nachweisebenen nach [3] zeigt Bild 2, wobei das Teilsicherheitsverfahren den Kern des neuen Nachweisverfahrens bildet.
Vergleich 1053-100 und DIN 1053-1 Die DIN 1053-100 »Mauerwerk – Berechnung auf der Grundlage des semiprobabilistischen Sicherheitskonzeptes« befasst sich, wie aus dem Titel hervorgeht, ausschließlich mit der Bemessung von Mauerwerk. Weder zur Planung noch zur Ausführung des Mauerwerks und zu Konstruktionsgrundlagen werden in der Norm nähere Angaben gemacht. Daher scheint die Norm vorwiegend die künftigen Berechnungen des Statikers zu dominieren, weniger die Arbeit des Architekten. Doch auch wenn Konstruktionsdetails und allgemeine Planungshinweise fehlen, ist der Architekt gut beraten, sich die in der neuen Norm definierten Anwendungsgrenzen der Nachweisverfahren auch für die Planungsarbeit zu eigen zu machen. Für Planungs- und Ausführungshinweise gilt auch weiterhin – bis zur Einführung der europäischen Normen mit ihren nationalen Anwendungsdokumenten – die DIN 1053-1 von 1996. Dort werden also lediglich die Abschnitte der DIN 1053-1 außer Kraft gesetzt, die sich mit der Bemessung und den dazu notwendigen Eingangsdaten beschäftigen. Die folgenden Abschnitte erläutern die für den Planer wichtigsten Änderungen in der Bemessung von Mauerwerk:
Nachweis-/Sicherheitskonzept Wie bereits erwähnt, sind nun die Grenzzustände der Tragfähigkeit des Mauerwerks maßgebend. Grenzzustand heißt, dass im betrachteten Zustand die Tragfähigkeit des Querschnitts auch unter Berücksichtigung möglicher Plastifizierungen erschöpft ist. Dabei soll der Bemessungswert der Einwirkung Ed kleiner oder gleich dem Rechenwert des Tragwiderstandes Rd sein. Hierbei sind sowohl auf der Einwirkungsseite als auch auf der Widerstandseite so genannte Teilsicherheitsbeiwerte anzusetzen (Bild 2). Die Teilsicherheitsbeiwerte für die Einwirkungen sind größtenteils bereits aus anderen Normen bekannt, die dieses Verfahren verwenden, wie etwa DIN 18 800 oder DIN 1045-1. Die Teilsicherheitsbeiwerte, die sich auf die Widerstandfähigkeit des Mauwerks beziehen, zeigt Bild 3. Außergewöhnliche Einwirkungen im Sinne der DIN 1053-100 sind zum Beispiel Explosionslasten oder Lasten aus einem Fahrzeuganprall. Der Faktor k0 differenziert zwischen Wänden und Pfeilern, wie bereits aus der Verwendung des k1-Faktor des vereinfachten Verfahrens der DIN 1053-1 bekannt. In DIN 1053-100 wurde richtigerweise die Unterscheidung zwischen Wand und Pfeiler auf der Widerstandseite vorgenommen. Auf eine Formel gebracht, kann das neue Nachweisverfahren wie folgt dargestellt werden:
gF x NE = NEd # NRd = NR/gM, wobei NE die einwirkende Normalkraft (charakteristischer Wert), NEd der Bemessungswert der einwirkenden Normalkraft, NRd der Bemessungswert der aufnehmenden Normalkraft, gF der Teilsicherheitsbeiwert Einwirkung und gM der Teilsicherheitsbeiwert für Baustoffeigenschaften ist.
Auch DIN 1053-100 bietet wieder zwei gleichwertige Bemessungsverfahren an, das vereinfachte und das genauere. Die Randbedingungen für die Anwendung des heute in der Praxis überwiegend angewandten vereinfachten Bemessungsverfahrens haben sich in Relation zu DIN 1053-1 nicht verändert. Sie sind in Bild 4 darge-stellt. Für weitere Angaben, insbesondere zur Herleitung der beiden Bemessungsverfahren, siehe unter anderem [1].
Da die Verfahren insgesamt »nur« umgestellt worden sind, finden sich auch die in den vergangenen Jahren vielerorts diskutierten Kritikpunkte bei diversen Rechenansätzen wieder, zum Beispiel die hohe Traglastminderung bei Wänden unter Decken des obersten Geschosses, insbesondere des Dachgeschosses. Auf eine notwendige Differenzierung in Abhängigkeit zu der konkret vorliegenden Auflast wurde auch in DIN 1053-100 leider verzichtet. Zusätzlich wurden Regelungen aufgenommen, die eine Traglastminderung durch den Deckendrehwinkel bei Endauflagern auf Außen- oder Innenwänden und Deckenstützweiten > 4,20 m künftig auch in Abhängigkeit vom charakteristischen Wert der Druckfestigkeit fK des Mauerwerks vorschreiben. Kleinere Änderungen betreffen die Berücksichtigung von Einspannmomenten und den daraus abzuleitenden Exzentrizitäten und die Berücksichtigung von Kriechverformungen des Mauerwerks. Bisherige Vergleichsrechnungen zeigen, dass bei rein druckbeanspruchtem Mauerwerk zwar der Aufwand der Nachweise geringfügig steigt, im Ergebnis jedoch keine Einschränkungen bei der Anwendung bisher bewährter Konstruktionen auftreten – anders formuliert: Was bisher mit Mauerwerk machbar war, wird auch künftig so ausgeführt werden können.
Besonders für dünnere Wände können sich höhere Auslastungsmöglichkeiten als nach DIN 1053-1 ergeben (siehe Abschnitt »Zusammenfassung und Ausblick«). Im Gegensatz dazu ergeben sich bei schubbeanspruchten Mauerwerksquerschnitten gegenläufige Tendenzen, die es in den nächsten Monaten noch zu glätten gilt.
Festigkeiten Eine wichtige Eingangsgröße für die Bemessung von Mauerwerk nach DIN 1053-100 ist die charakteristische Druckfestigkeit. Gemäß Definition handelt es sich dabei um eine Festigkeit, die im Kurzzeitversuch an Prüfkörpern nach DIN 18554-1 ermittelt wird. Sie ist statistisch gesehen ein 5 %-Fraktilwert, der sich auch auf die theoretische Schlankheit 0 des Mauerwerks bezieht. 5 %- Fraktilwert bedeutet, dass dieser Festigkeitswert in maximal 5 % der Fälle unterschritten wird. Gleiches gilt übrigens auch für die charakteristische Schub- und Zugfestigkeit des Mauerwerks. Wie bereits aus DIN 1053-1 bekannt, erfolgt die Zuordnung der Festigkeiten in Abhängigkeit von der Stein-/Mörtelkombination. Die Einbeziehung des Einflusses der Langzeitwirkung (Dauerstandverhalten von Mauerwerkswänden) erfolgt im neuen Bemessungsverfahren mit Hilfe von Teilsicherheitsbeiwerten (Bild 3). Die in den Tabellen (Bilder 5, 6) enthaltenen charakteristischen Werte der Druckfestigkeit sind daher nicht direkt vergleichbar mit den Tabellen der zulässigen Grundwerte der Druckspannung s0 aus DIN 1053-1, die ihrerseits den Langzeiteinfluss bereits beinhalteten. Zusammenfassend ist demnach festzustellen, dass die Festigkeiten der DIN 1053-100 nun mit dem neuen Teilsicherheitskonzept in Einklang stehen – also weder mehr noch weniger Festigkeit angesetzt wurde. Dies entspricht dem Normungsauftrag, lediglich eine Anpassung des Bemessungsverfahrens unter Beibehaltung des gegenwärtigen Sicherheitsniveaus, sprich unter Einräumung der Möglichkeit, alle bisher bewährten Konstruktionen weiterhin einsetzen zu können, vorzunehmen.
Wind, räumliche Steifigkeit und aussteifende Wände Die bereits aus DIN 1053-1 bekannten Formulierungen fanden auch Eingang in DIN 1053-100. Für die Praxis wichtig ist die Tatsache, dass der Planer auch weiterhin die vorhandene räumliche Steifigkeit eines Gebäudes aus einer offensichtlich ausreichenden Anzahl von genügend langen, aussteifenden Wänden in Verbindung mit Geschossdecken/Ringbalken herleiten kann. Der Einfluss der Windlast rechtwinklig zur Wandebene darf beim vereinfachten Nachweis bei ausreichender horizontaler Halterung der Wände komplett und beim genaueren Verfahren bis zu einer Höhe von 20 m über Gelände vernachlässigt werden. Bei genaueren Verfahren allerdings nur dann, wenn die Geschosshöhe # 3 m und die Wanddicke $ 240 mm beträgt. Die Chance, für das genauere Verfahren – gerade bezogen auf die Wanddicke – eine mehr an der Praxis orientierte Formulierung zu finden, wurde nicht genutzt. Auch die bisher bewährten Annahmen zu den aussteifenden Wänden wie Halterung oder Knicklängen wurden eins zu eins in DIN 1053-100 übernommen. Dabei konnten die noch aus den einzelnen Entwürfen der Norm bekannten Ungereimtheiten bezüglich Verringerung der Knicklänge bei flächig aufgelagerten Massivdecken im vereinfachten Verfahren – zum Vorteil des Anwenders – beseitigt werden.
Zusammenfassung und Ausblick Die neue Mauerwerksnorm DIN beinhaltet ein auf Tragsicherheitsbeiwerten beruhendes Nachweisverfahren. Diese Norm gilt ausschließlich für die Bemessung von Mauerwerk aus künstlichen und natürlichen Steinen. Berechnet werden darf entweder nach dem vereinfachten oder dem genaueren Verfahren. Für Bauteile, Konstruktionsdetails, Ausführung und Eignungsprüfung sowie Kontrollen und Güteprüfungen auf der Baustelle gilt weiterhin DIN 1053-1. Wann die Aufnahme der neuen DIN in die Liste der Technischen Baubestimmungen erfolgt, ist noch nicht mit Sicherheit zu beantworten. Aus der Umstellung des Bemessungskonzeptes haben sich im Nachhinein folgende Problemfelder ergeben:
– Aufgrund der durch das neue Bemessungsverfahren zumindest für dünne Wände möglichen höheren Auslastung ergab sich die Frage, ob die Tabellen der DIN 4102-4, Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen, auch weiterhin angewendet werden können, obgleich diese von einer Berechnung der maximalen Auslastung nach DIN 1053-1 ausgehen. Die Anwendung der DIN 4102-4 soll über eine Richtlinie des DIBt geregelt werden, bis eine erforderliche Änderung der Brandschutznorm vorliegt.
– Bei der Umstellung des Bemessungsverfahrens wurde nicht berücksichtigt, dass bei Schubbeanspruchung die Anwendung von Teilsicherheitsbeiwerten auf der Einwirkungsseite auch die für die Bemessung maßgebende überbrückte Querschnittsfläche verringert. Hier muss nachgebessert werden – um zu vermeiden, dass Mauerwerk, das heute auf Schub weder rechnerisch noch tatsächlich versagt, unter Umständen nicht mehr nachgewiesen werden kann. Es ist vorgesehen, eine an der Praxis orientierte Lösung bis Ende 2005 zu erarbeiten und in einer A1-Änderung der Norm, ohne das herkömmliche Normaufstellungsverfahren, zu veröffentlichen.
Aufgrund dieser Unabwägbarkeiten, die bei einer derartig umfassenden Umstellung von Nachweisverfahren nun einmal auftreten können, ist nach heutiger Einschätzung wohl mit einer bauaufsichtlichen Berücksichtigung der Norm frühestens im ersten Quartal 2006 zu rechnen. Parallel dazu wird die Gesamtüberarbeitung der DIN 1053-1 begonnen, um im Kontext mit der europäischen Norm rechtzeitig ein nationales Anwendungsdokument zur Verfügung zu stellen, denn – auch wenn vielerorts mit Unglauben bedacht – die europäische Harmonisierung im Mauerwerksbau rückt näher. T. S.
[1] DIN 1053, Teil 1: Berechnung und Ausführung, Teil 2: Mauerwerk nach Eignungsprüfung, Berlin, 1996 [2] DIN 1053-100: Berechnung auf der Grundlage des semiprobabilistischen Sicherheitskonzeptes, Berlin, 2004 [3] Jäger, Wolfram und Peter Schöps: Mauerwerksberechnung nach dem neuen Sicherheitskonzept – Entwurf zur DIN 1053-100, Mauerwerksbau Aktuell, Bauwerk Verlag 2004
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