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Schützender Deckmantel

Technik
Schützender Deckmantel

Schützender Deckmantel
1 Die Vollholzstütze mit Kopfbändern ist nach 40 Minuten Brandbeanspruchung noch immer tragfähig 2 Beispiel eines Anschlusses einer tragenden und raumabschließenden Wand an eine Decke gemäß der Holzbau-Richtlinie M-HFHHolzR. Die Spannrichtung der Deckenbalken verläuft senkrecht zur Wand
Verdeutlicht durch reduzierte Brandschutzanforderungen in der aktuellen Musterbaurichtlinie, hat sich in der Beurteilung des Brandverhaltens von Holzbauten längst ein Wandel abgezeichnet. Gegenüber anderen Materialien ergeben sich sogar Vorteile. Made apparent by reduced fire precaution requirements in the current model building regulations, the assessment of fire behaviour of wood structures has long undergone a change. Compared with other materials there are oven advantages.

Noch immer herrscht das Vorurteil, dass Holzkonstruktionen im Brandfall nicht so sicher sind wie Tragwerke und Aufbauten anderer Materialien. Doch Feuerwehrleute wissen, dass Holz sicher brennt, das heißt, im Brandfall genau berechenbar ist: »Die simple Erkenntnis, dass Holz brennbar ist, ist nicht alleine ausschlaggebend für seine Bewertung im Brandfall. Vollständige Nichtbrennbarkeit der Baustoffe ist fallweise auch nicht besser (…) Im Hinblick auf die Brandparallelerscheinungen wie Rauchdichte und Toxizität ist Holz relativ harmlos und weist aus der Sicht der Feuerwehr ein günstiges Verhalten auf. Es wird vom Prüfverfahren meines Erachtens nicht risikogerecht beurteilt und dadurch benachteiligt«, so ein ehemaliger Leiter der Branddirektion München.

Günstiges Brandverhalten Bäume bilden über Wachstum und Photosynthese ihr Stützgerüst aus Zellulose, das für die Zellwände eingesetzt wird. Diese bestehen aus langkettigen, nicht brennbaren Molekülen. Wird Holz einer hohen Temperatur ausgesetzt, beginnt eine Bewegung der Molekularteilchen, eingelagerte Wassermoleküle verdampfen. Zwischen 200 °C und 300 °C brechen schließlich die langkettigen Verbindungen auf und es entstehen kurzkettige, die gasförmig und brennbar sind. Durch den entstehenden Überdruck im Holz drängen die Gase durch die Zellöffnungen an die Oberfläche, reagieren mit dem Sauerstoff der Luft und verbrennen unter Abspaltung von Kohlendioxid und Wasser. Sobald aus der obersten Holzschicht alle Gase entwichen sind, beginnt die Ober-fläche zu verkohlen. Die Kohleschicht schützt den tragenden Kern, indem sie das Eindringen von Sauerstoff verhindert und weitere brennbare Gase nicht mehr ausströmen können. Das Innere des Holzbauteils bleibt erhalten und tragfähig, so dass mit einem kontrollierten und damit sicheren Abbrand gerechnet werden kann.
Brandarten Organische Baustoffe wie Holz zersetzen sich also bei hohen Temperaturen (Pyrolyse). Die Entzündungstemperatur ist unter anderem abhängig von der Holzfeuchte und der Dauer der Erhitzung. Man unterscheidet drei Arten von Bränden: Der Schwelbrand ist eine langsame Pyrolyse ohne Flammenentwicklung; der Baustoff verkohlt unter Rauchentwicklung. Gelangt ausreichend Luft an Glutnester verkohlten Holzes, kommt es zum Glimmbrand. Ein offener Brand hingegen mit Flammenbildung entsteht durch Fremd- oder Selbstentzündung bei andauernder Erwärmung ab etwa 200 °C.
Materialprüfung Bei Einsatz klassifizierter, in DIN 4102-4 aufgeführter Bauteile und Baustoffe aus Holz ist ein Nachweis der brandschutztechnischen Eigenschaften durch anerkannte Materialprüfanstalten nicht notwendig. In der Norm sind eine große Anzahl von tragenden und raumabschließenden Holzbauteilen aufgelistet, die bereits entsprechende Prüfungen bestanden haben und somit ein Prüfzeugnis besitzen. Daneben können Bauteile aus Holz hinsichtlich tragender Restquerschnitte berechnet werden. Die Ab-brandgeschwindigkeiten betragen für Nadelholz und Buche 0,8 mm/min bei Vollholz bzw. 0,7 mm/min bei Brettschichtholz; für Laubholz (außer Buche) 0,56 mm/min.
Kaum Wärmedehnung Holz als brennbarer Stoff ist also dennoch für feuerwiderstandsfähige Bauteile gut geeignet. Verantwortlich dafür sind seine Eigenschaften wie schlechte Wärmeleitung und vernachlässigbar geringe Wärmedehnung, die bei Sicherheitsüberlegungen hinsichtlich der Gesamtstabilität von Gebäuden eine Rolle spielt. Durch die Umwandlung der Oberfläche in Holzkohle reduziert sich die Abbrandgeschwindigkeit über 50 Prozent. Je größer der Querschnitt, desto höher also die Feuerwiderstandsdauer, die theoretisch sogar bis zu zwei Stunden (F120) möglich ist. Bereits einen Zentimeter unter der Kohleschicht bleibt Holz tragfähig, egal ob die Brandtemperatur 600 ° oder 1200 °C beträgt.
Kritische Stellen Meist sind die Verbindungen und Verbindungsmittel aus Stahl die brandschutztechnischen Schwachstellen innerhalb einer Holzkonstruktion. So müssen gegebenenfalls im Holz verdeckt liegende Systeme verwendet oder die Verbindungsstellen mit Holz ummantelt werden. Chemische Feuerschutzmittel können zur Imprägnierung von Holz, vor allem bei dünnen Holzbekleidungen, eingesetzt werden. Sie werden je nach System im Streichverfahren oder durch Kesseldrucktränkung auf- bzw. eingebracht und machen das Holz schwerentflammbar (B1). Die schaumbildenden Schutzanstriche müssen bauaufsichtlich zugelassen sein und können transparent oder deckend eingesetzt werden.
Änderungen in der Musterbauordnung Im Auftrag der Bauministerkonferenz wurde im November 2002 eine überarbeitete Musterbauordnung (MBO) verabschiedet, für die ein neues Brandschutzkonzept entwickelt worden war. Dabei ging es um eine Harmonisierung der Brandschutzvorschriften der Länder, eine Absenkung der Brandschutzanforderungen und eine Neubewertung des Baustoffes Holz und dessen Einsatz in mehrgeschossigen Gebäuden. Für die Anwendung der Holzbauweise wurde eine Musterrichtlinie erarbeitet, die insbesondere die Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile aus Holz beschreibt. Mit zahlreichen Detailzeichnungen versehen, trat sie im Juli 2004 in Kraft.
Das neue Brandschutzkonzept entstand unter dem (politischen) Grundsatz, dass konkret beschreibende Brandschutzanforderungen für »Standardbauaufgaben« wie Wohngebäude, Verwaltungs- und Bürogebäude oder Betriebsstätten als »Basispaket« im Gesetz verankert sind, die Entscheidung über das Brandschutzniveau in politischer Verantwortung liegt und für Sonderbauten eine Ermächtigung zur Formulierung geringerer oder weitergehender Brandschutzanforderungen offen bleibt.
Fünf Geschosse zulässig Zu den Grundelementen des Brandschutzkonzeptes der MBO gehört die Bildung von fünf Gebäudeklassen, definiert durch die Gebäudehöhe und die Größe brandschutzrelevanter Nutzungseinheiten. Bei den Feuerwiderstandsklassen von Bauteilen nach DIN 4102 (»Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen«) bzw. der europäischen Klassifizierungsnorm DIN EN 13 501-2 wurde eine Feuerwiderstandsfähigkeit mit der Bezeichnung »hochfeuerhemmend« eingeführt. Die Norm ordnet ihr eine Widerstandsdauer von 60 Minuten zu, die bei Gebäuden der Gebäudeklasse 4, also für Holzbauwerke mittlerer Höhe, vertretbar ist.
Baustoffanforderungen und Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile wurden getrennt. Die Baustoffanforderungen berücksichtigen Konstruktionssysteme, die aus brennbaren und nicht brennbaren Bauteilen bestehen; neben der Anforderung »nichtbrennbar« (N) wurde eine Baustoffanforderung eingefügt, bei der »für den Brandschutz wesentliche Teile aus nichtbrennbaren Baustoffen« bestehen – Kurzbezeichnung G.
War also bisher die Holzverwendung auf Gebäude geringer Höhe beschränkt, ist sie jetzt für fünfgeschossige Bauwerke mit einer Höhe des obersten Geschossfußbodens von 13 m zugelassen. Holzbau-weisen mit brandschutztechnisch wirksamen Bekleidungen der Baustoffanforderung G sind für Bauten der Gebäudeklasse 4 zulässig.
Allgemein gehaltene Schutzzielformulierungen, die beschreiben, welche Eigenschaften das jeweilige Bauteil im Brandfall haben muss, sollen den Umgang mit den Einzelanforderungen erleichtern und die Zuordnung zu den zukünftigen europäischen Bauteilklassen ermöglichen.
Individuelle Brandschutzkonzepte Ziel eines wirksamen Brandschutzkonzeptes sind der Personenschutz, der Sachschutz und der Objektschutz. Dazu gehören vorbeugend alle Maßnahmen, die zur Verhinderung eines Brandausbruchs, einer Brandausweitung und zur Sicherung der Rettungswege notwendig sind. Das Zusammenspiel von Grundrissstruktur, Konstruktion und Bauausführung, Brandwänden, automatischen Brandmelde- und selbst auslösenden Sprinkler- oder Rauchwärmeabzugsanlagen und sicheren Rettungswegen kann zu einem maßgeschneiderten Brandschutzkonzept führen, das Holzkonstruktionen begünstigt. Die Landesbauordnungen sind in vielen Bereichen durchaus interpretierbar und lassen alternative Lösungswege offen, wenn das Schutzziel erreicht und nachgewiesen wird.
Beispiel Sondernutzung Da im gewerblichen Bau die Nutzungsarten stark variieren (zum Beispiel Lagerstätten, Produktion unterschiedlicher Güter, Logistik, Verwaltung), reicht der im Wesentlichen auf die Belange von Wohngebäuden ausgerichtete Regelungsumfang der Landesbauordnungen oft nicht aus. Deshalb sind im industriellen Bauwesen Sonderbauvorschriften wie die Industriebaurichtlinie und spezielle Normen wie DIN 18 230 (»Baulicher Brandschutz im Industriebau«) heranzuziehen. Obwohl im Hallenbau eigentlich Brandwände und die Unterteilung in einzelne Brandabschnitte von 40 m gefordert sind, gibt es auch hier Brandschutzkonzepte, die eine Holzkonstruktion sowie durchgehende Hallenflächen ermöglichen, wie sie zum Beispiel bei Abbundhallen der Holzbauindustrie (Bild 4) oder bei Flugzeughangars notwendig sind. So wurde am Flughafen Köln-Bonn ein Flugzeughangar in Mischbauweise mit einer sichtbaren Dachkonstruktion aus Holz errichtet. Der 94 m weit gespannte Hauptfachwerkbinder musste nach der Landesbauordnung NRW mit einer Feuerwiderstandsdauer F 30-B ausgeführt werden, wurde jedoch durch entsprechend höhere Dimensionierung auf Bauherrenwunsch sogar in F 60-B errichtet. Die Feuerwiderstandsdauer der Sekundärbinder aus Brettschichtholz und der übrigen Holzkonstruktion beträgt wie gefordert F 30-B; die Hallenwände sind gemäß §29 BauO NRW in F 30-A und die Gebäudetrennwand zum Bürotrakt als Brandwand F 90-A ausgeführt.
Fazit Eine neue Einschätzung des Brandverhaltens von Holzkonstruktionen hat sich in den letzten Jahren nicht nur in der Normung, sondern auch in der Gesetzgebung durchgesetzt. Dabei wurden sowohl die Möglichkeiten des Holzbaus »amtlich« erweitert, als auch eine große Offenheit für individuelle Brandschutzkonzepte geschaffen, die die Zukunft des Holzbau wesentlich verändern können. wr
Literatur: – Musterbauordung (MBO), November 2002 (www.bauordungen.de) – Musterbauordnung (MBO) – Begründung der Fassung, November 2002 – Musterrichtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise – M-HFHHolzR, Juli 2004 – DIN Taschenbuch 305, Brandschutz in Europa, Prüfverfahren und Klassifizierungsnormen zur Beurteilung des Brandverhaltens von Bauteilen, CD-Rom, Berlin, 2004 – DIN Taschenbuch 34, Holzbau 1, Berechnung, Prüfung, Ausführung und Holzschutz, Dauerhaftigkeit, CD-Rom, Berlin, 2004 – DIN Taschenbuch 307, Holzbau 2, Baustoffe und Verbindungsmittel, CD-Rom, Berlin, 2004
– Ausführliche Informationsbroschüren über:
Grundlagen des Brandschutzes
Feuerhemmende Bauteile Brandschutz im Holzbau – Gebaute Beispiele sowie Brandschutz im Hallenbau jeweils: Informationsdienst Holz/ Holzabsatzfonds (www.informationsdienst-holz.de)
– Ruske, Wolfgang: Holzbau für Gewerbe, Industrie, Verwaltung, Basel, 2004
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