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Phänomen Brutalismus

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Phänomen Brutalismus

~Jürgen Tietz

Was ist eigentlich Brutalismus? Bereits Werner Oechslin, Stanislaus von Moos und Kenneth Frampton zeigten in der Einstiegsrunde des internationalen Symposiums über »Brutalismus. Architekturen zwischen Alltag, Poesie und Theorie«, das Mitte Mai im voll besetzten großen Vortragssaal der Berliner Akademie der Künste stattfand, die Bandbreite des Themas auf. War der Brutalismus »nur« ein zeitlich und räumlich an Großbritannien gebundenes Aufbegehren für eine andere Moderne nach 1945, die eng mit der Arbeit von Peter und Alison Smithson (Abb.: Secondary Modern School, Hunstanton, 1949-54 [3]) und ihrem Umfeld verknüpft war? Oder handelt es sich um ein weiter ausgreifendes Phänomen, das dank Reyner Banhams legendärer Veröffentlichung »The New Brutalism« bis zu Beginn der 70er Jahre eine nahezu weltweite Verbreitung erfuhr? Sehr deutlich wurde im Rahmen der Tagung, dass der Brutalismus als Gegenposition zur »heroischen« ersten Phase der Moderne nicht ohne das Trauma seiner Protagonisten während des Zweiten Weltkriegs zu begreifen ist. Die Rezeption der Ruine (Vortrag von Stanislaus von Moos) und die unmittelbare Kriegserfahrung (Beatriz Colomina) fanden Eingang in die Gestaltung und die »ehrliche« Materialästhetik der rauen Betonbauten.
Wie stark regionale Aspekte in den brutalistischen Bauten aufgenommen wurden, zeigte eine architektonische tour de raison, die von Nordafrika (Tom Avermaete), Italien (Luca Molinari), Deutschland (Adrian von Buttlar) und der Schweiz (Philip Ursprung) bis in die USA (Joan Ockman) und nach Japan (Jörg Gleiter) führte (Abb.: Vittoriano Viganò, L’Istituto Marchiondi Spagliardi, Mailand 1959 [4], und Werner Düttmann, St.-Agnes-Kirche, Berlin 1964-67 [5]). Gleiter plädierte zudem dafür, den Begriff von einer stilistisch geprägten Verwendung zu lösen, indem man ihn durch »brutalistische Praxis« ersetzt. Das öffnet Raum für regional, formal und historisch sehr unterschiedliche Ausprägungen.
Blicke auf den denkmalpflegerischen Umgang (Ingrid Scheurmann) und die aktuelle architektonische Rezeption des Brutalismus (Stephen Bates, Sergison Bates) rundeten das inspirierende Programm der Tagung ab. Immer wieder klang in Vorträgen und Diskussion das Missverhältnis zwischen dem hohen architektonischen und wissenschaftlichen Interesse am Brutalismus und der mangelnden öffentlichen Wertschätzung seiner Bauten an. Die Erforschung des Phänomens Brutalismus und seine Abgrenzung zu anderen Strömungen der Nachkriegsmoderne haben durch die Tagung einen wichtigen Anstoß erfahren. Eine Dokumentation der Tagungsergebnisse durch die Veranstalterin Wüstenrot Stiftung ist geplant.
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