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Moderne versus Geschichte?

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Moderne versus Geschichte?

Richard Neutra errichtete 1961 zusammen mit Robert Alexander in Gettysburg – an der Stelle einer entscheidenden Schlacht im amerikanischen Bürgerkrieg und der berühmten »Gettysburg Address« von Abraham Lincoln – zu deren hundertstem Jahrestag das Lincoln Memorial Museum. Es wurde auch Cyclorama Center genannt, nach dem 360-Grad-Gemälde des französischen Malers Paul Philippoteaux von 1884, das die Schlacht zeigt und für das Neutra den geschlossenen, zylindrischen Bauteil entwarf. Der lang gestreckte Baukörper enthält Büros. Diese moderne, wenn auch in Neutras Œuvre eher kleine Ikone ist keineswegs mehr das Symbol für Versöhnung wie zu ihrer Bauzeit. Vielmehr ist sie dem Betreiber des Parks, dem National Park Service, schon seit 1971 ein Dorn im Auge: zu klein für den Ansturm von (mittlerweile) zwei Millionen Besuchern pro Jahr, nicht klimatisiert, unzureichend gegen Feuer und Einbruch geschützt und vor allem mitten auf dem historischen, »blutgetränkten« Boden des Schlachtfelds, wollte man damals schon das Gebäude innerhalb von sieben Jahren ersetzen. Zunächst passierte nicht viel. Im September 1998 kam das Gebäude dann auf die Liste der Kandidaten für einen denkmalgeschützten Status, und im Dezember 1999 wurde es tatsächlich National Historic Landmark, die höchste Stufe im Denkmalschutz in den USA. Allerdings hatte mittlerweile das Advisory Council of Historic Preservation den Abbruch empfohlen, was nun in den nächsten Wochen umgesetzt werden soll. In Zusammenarbeit mit dem National Park Service erstellt die private Gettysburg Foundation gegenwärtig schon das neue Besuchszentrum, das mit seiner Anmutung einer runden Scheune ein Zeichen für die traditionelle Ausrichtung der Ausstellung setzt. Sehr wichtig daran ist den Betreibern, dass es außerhalb des Schlachtfeldes steht und auch von dort nicht sichtbar ist, damit sich der Besucher im selben Ambiente wie 1863 seinen Fantasien über das Gemetzel mit 51 000 Toten hingeben und zu besonderen Anlässen die Schlacht auch nachgestellt werden kann – ohne ein störendes modernes Gebäude im Hintergrund.

Richard Neutras Sohn Dion klagte im Dezember 2006 gegen den Abbruch und wirbt auf seiner Website unermüdlich weiter um Protestbriefe und Unterschriften, die unter anderem George W. Bush übergeben werden sollen. Wie schön wäre es, wenn dieser sich für die bedrohte Moderne interessieren ließe … ~dr
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