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Mal nen Pullover anziehen

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Mal nen Pullover anziehen

~Nikolaus Bernau

Energiesparen ist in, und wer nicht ins Lied derjenigen einstimmt, die behaupten, dass sich maximale Isoliermaßnahmen fast kostenneutral für Mieter und zugleich einkommenssteigernd für Eigentümer auswirken, kriegt Ärger. Wie etwa der Rechtsanwalt Christian Bruch, der bei einer Tagung im Berliner Deutschen Architektur-Zentrum DAZ »Null-Energie-Gebäudebestand in 2050 – realistisch oder Utopie?« versuchte, den Anwesenden nüchtern die Frage der Wirtschaftlichkeit zu beleuchten, während diese noch von dem enthusiastischen Lob des Mitbegründers der »Hessischen Energiespar-Aktion« Werner Eicke-Henning im siebten Himmel des »Wir können alles machen, die Technik ist da, fangt klein an und steigert euch dann« waren. Dass er für die freien Immobilienunternehmer sprach, genügte manchem im Saal, Bruchs Grundthese, dass die aktuellen Energiegesetze vornehmlich für Selbstnutzer von Immobilien gedacht seien, ohne jeden Gegenbeleg beiseite zu schieben. Sie können von neuen Heizanlagen und reichlich Dämmung profitieren, weil bei ihnen Investor und Nutzer identisch sind. Vermieter hingegen profitieren nach Bruch bei der aktuellen Definition von Wirtschaftlichkeit nur dann, wenn sie entweder hohe Subventionen erhalten oder die Mieten erheblich steigern dürfen. Sonst lohne es sich häufig eher, die normalen Steigerungen des Mietspiegels abzuwarten. Rosemarie Heilig von der Stadt Frankfurt a. M., die derzeit das erste Null-Energie-Krankenhaus zu bauen versucht, regte sich schrecklich auf: Energiesparen sei doch ein Wert an sich, und verwies auf die lobenswerten Anstrengungen der Bankenhauptstadt, auch Null-Energie-Hauptstadt zu werden. Aber alle Beispiele, die sie vorführte, waren genossenschaftlich oder staatlich getragene Projekte, und auch bei dem Krankenhaus mit seinem immensen technischen Bedarf musste die Bedeutung von »Null-Energie« sehr ausgeweitet werden, damit sie noch verwendet werden konnte. Vor allem aber brachte auch die grüne Frontfrau jene Worte nicht in die Debatte, die gegenwärtig fast generell fehlen: Energie- und Ökobilanz. Wie steht es denn damit nach all der vielen Nachrüstung und Isoliererei? Werner Eicke-Hennig zeigte überzeugend, dass bei Berechnungen für Altbauten viel zu sehr auf das statistische Papier und zu wenig auf die messbare Realität des Einzelfalls gesehen werde. Aber noch weniger wird darauf geachtet, was wir in die Häuser energetisch hineinstecken und was wir herausbekommen. Die geforderte Abrissprämie für energetisch angeblich ineffiziente Häuser ist aus dieser Sicht eher eine Belohnung für die Verschwendung von bereits im Material gebundener Energie. Wäre nicht – das immerhin kam kurz zur Sprache – statt neuer Plastikfenster (ach ja, die Tagung wurde von der PVC-Industrie gesponsert) die Dämmung all der vielen Flachdachsupermärkte und Fabrikhallen auf der grünen Wiese etc. weit effizienter für die deutsche Klimabilanz? Und hat nicht die ältere Dame auch recht, die murmelte: Reichen nicht erst einmal auch ein Pullover und gute Haussocken?
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