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Leserbrief zu db 8/05

Diskurs
Leserbrief zu db 8/05

Dank für den schönen Bericht über Peter Rice (db 8/05, Anm. der Red). Das ist nicht der Platz, Einzelheiten in seinem Werk etwas kritischer zu sehen. Nur in einem muss ich vehement widersprechen: dass Jago, der Gegenspieler von Othello in Shakespeares Tragödie als Beispiel für die Mentalität vieler Ingenieure tauge (im Abschnitt »Der Ingenieur in der Rolle des Jago«). Jago ist keineswegs einer, der alles »im Licht der reinen Vernunft betrachtet«. Jago ist ein Betrüger. Er weiß, dass unwahr ist, was er Othello glauben machen möchte. Ich habe den Originaltext nicht überprüft, nehme aber an, die Autorin zitiert genau. Die These, »durch Vernunft reduziert der Ingenieur; er untergräbt die unvernünftigen und überspitzten Ideen der Architekten und zerstört sein eigenes kreatives und erfindungsreiches Potenzial« ist in meinen Augen blanker Unsinn. Als Ingenieur, der einige im ersten Augenblick vielleicht unvernünftig erscheinende Entwürfe der Architekten auch durch seine Vernunft gesteigert hat, nicht »reduziert«, nicht abgeschwächt, kann ich nur sagen: Eine Konstruktion, die erkennbar unvernünftig ist, verliert für jeden, der es weiß oder erkennt, schnell auch ihren ästhetischen Wert – wie eine falsche Antiquität.

Es gibt in der Architektur genug Beispiele für vollkommene konstruktive Vernunft bei größter Fantasie der Erfindung und Gestaltung, auch in England, siehe englische gotische Kathedralen. Die These, die Jago-Mentalität, das soll hier heißen, die durch die Vernunft gesteuerte Mentalität des normalen Ingenieurs, berge die Gefahr, die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft zu vernachlässigen, ist ebenfalls wenig glaubhaft. Das Gegenteil ist wahrscheinlich. Vernunft gebietet, bei allem, was man tut, schon im eigensten Interesse, die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft nicht zu vernachlässigen. Der Mensch ist keine Eintagsfliege. Meist erlebt er die Folgen seines Handelns. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass er sich hin und wieder irrt. Dass die Ingenieure (und Architekten) etwas Unvernünftiges machen, nur weil es machbar ist, mag auf manche zutreffen, aber sicher nicht aus Vernunftgründen. Siehe die Mode der exzessiven Glasbauten. Vernunft ist: »der bewusst gebrauchte Verstand, Einsicht« (Wahrig, Deutsches Wörterbuch) oder »die Zusammenhang stiftende geistige Tätigkeit« (dtv-Lexikon). Ich finde nichts zu kritisieren, wenn einer viel davon hat. Bernhard Tokarz
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