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Lagermethoden und ihre architektonischen Hüllen

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Lagermethoden und ihre architektonischen Hüllen

Gelagert werden kann und muss im weitesten Sinn jedes Gut. Es wird in Räumen gespeichert oder auf Flächen. Es wird aus vielfältigen Gründen gelagert und auf vielfältige Weise: Möglicherweise gekühlt? Vielleicht gestapelt? Es wird geschüttet und gehäuft, was das Zeug hält. Der Vorgang beansprucht Platz und ist schon aus diesem Grund ein Thema für Planer. Außerdem wird der Bedarf an gut ausgestatteten Lagergebäuden in den nächsten Jahren noch weiter steigen.

Text: Wilhelm Klauser

WARUM Ein Begriff wie Just in Time, die zeitgenaue Anlieferung von Waren in den Einzelhandel oder von Produktionsmitteln an die Bänder, suggeriert, dass das Lager nicht mehr gebraucht wird. Das ist ein Trugschluss. Lagern ist ein essentieller Bestandteil der Produktion in einer arbeitsteilig organisierten Gesellschaft. Es ist möglich, dass sich zwischen Fertigung und Distribution Überlappungen ausbilden, dass beispielsweise mehr Güter produziert werden als abgesetzt werden können. Eine Zwischenlagerung des Überhangs ist dann unerlässlich. Es ist auch möglich, dass im Rahmen der Fertigung Vorräte angelegt werden müssen, auf die schnell zurückgegriffen wird, damit der Betrieb kostenintensiver Produktionsanlagen aufrechterhalten werden kann. Es können im Lager aber auch saisonale Schwankungen aufgefangen werden oder es lassen sich Wertsteigerungen der eingelagerten Waren erreichen und Preisschwankungen ausgleichen.
WAS Es ist wahrscheinlich, dass der Bedarf an qualifizierten Lagerflächen wächst. Der aktuelle Flächenbestand an Logistikimmobilien in den Regionen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und München sowie im Ruhrgebiet wurde 2007, auf der Basis von Zahlen der Immobilienberater Jones-Lang-LaSalle auf rund 12,5 Mio. Quadratmeter Lagerfläche geschätzt. Davon genügten aber nur rund zwei Drittel modernen Anforderungen. Das heißt, nur rund acht Mio. Quadratmeter hatten eine im Zeitalter von Hochregalen erforderliche Deckenhöhe von mindestens zehn Metern, verfügten über einen Boden, der eine Last von 5 t/m² aushält, hatten im Idealfall drei Andockrampen pro 1000 bis 1600 Quadratmeter Logistikfläche und kamen mit einem Büroflächenanteil von höchstens zehn Prozent aus. Vor diesem Hintergrund gibt es Schätzungen, dass allein in den sechs Ballungszentren in den nächsten zehn Jahren anderthalb mal so viele zeitgemäße Lagerflächen entstehen, wie es heute gibt. Die Tendenz ist klar, und es ist höchste Zeit, dass diese Orte ins Bewusstsein der Planer rücken.
WIE Die Vielfalt der Gründe, die eine Lagerung bedingen, oder auch die Vielfalt der Lagergüter und die Ansprüche, die damit erfüllt werden müssen, bedeuten, dass jedes Lager anders funktioniert und anders geplant werden muss, auch wenn die Einheitlichkeit des äußeren Erscheinungsbildes und die häufig offensive Hässlichkeit der Lagerfläche darüber hinwegtäuschen will. Anders als das Wort suggeriert, handelt es sich beim »Lagern« nämlich nicht um einen statischen Vorgang, um ein langweiliges »Ablegen« von Gütern, sondern um ein höchst dynamisches Überbrückungsgeschehen, das optimal organisiert ist. Selbstverständlich kommt im großräumig geplanten Zusammenhang der globalisierten Wirtschaft schon der geografischen Positionierung des Lagers im Produktions- und Distributionsprozess eine strategische Bedeutung zu. Wesentlich zur Begriffsklärung ist damit aber auch, dass in einem Lager das Stück- und/oder Schüttgut mengen- und wertmäßig erfasst wird – und dass es wieder auffindbar ist. Es gilt, schon bei der Einlagerung die Abfuhr vorauszudenken, um Bedienwege zu verkürzen oder Kreuzungen auszuschließen. Der informationstechnischen Bewältigung und Strukturierung der Lagermengen kommt dabei eine große Bedeutung zu und die enormen Entwicklungen der letzten Jahre haben hier vollkommen neue Wege eröffnet. Gab es früher vorwiegend geordnete Lagerräume, die einer klaren Systematik folgten, so finden sich heute auch »chaotische« Lager, in denen das Lagergut nach Belieben verstaut wird und nur mithilfe komplexer Softwarelösungen wieder gefunden werden kann. Hier wird es möglich, Bedienwege zu verkürzen, Lagervorgänge zu beschleunigen und eine hohe Auslastung der Lagerkapazität zu realisieren. Allerdings sind solche Konzepte nicht für alle Lagervorgänge anwendbar. Neben der Gliederung nach Art der Lageraufgabe lässt sich auch eine Systematisierung anhand von Unterscheidungskriterien wie Lagergut, Gefahrenklasse, Stellung im Produktionsablauf oder nach Art der im Lager abgewickelten Vorgänge unternehmen, die sich ebenfalls in einem Lagergebäude abbilden. Lager stellen eine Art Weiche im Fluss der Güter dar, die notwendigen Verschiebevorgänge sind hoch komplex und sie bedingen vielfältige räumliche und organisatorische Lösungen. Die Bauform an sich ist dabei weniger ein Unterscheidungskriterium, als die Lagermittel, die zur Erfüllung des Lagerauftrags eingesetzt werden und ihr Zusammenspiel: Boden, Regale und Fördersystem. In der Koordination mit den vor- oder nachgelagerten Sortier- und Anlieferungsorganisationen, in ihrer Vernetzung durch Softwarelösungen entstehen Lagersysteme, die durch die Art und Weise der Lagerbewirtschaftung strukturiert werden. Die Strategien der Lagerplatzauswahl und -vergabe sowie der Ein- und Auslagerung sind dabei relativ einfach. In der Regel wird die Bemühung dahin gehen, die Güter entsprechend der Eingangsdaten auch wieder auszulagern. Die First in – First out (FiFo)-Strategie liegt nahe, insbesondere dann, wenn es sich um die Lagerung verderblicher Waren handelt. Werden die zuletzt eingebrachten Güter zuerst entnommen, ist dies meist einer räumlichen Enge geschuldet, die keine andere Lösung zulässt (Last in – First out: LIFO). Andere Strategien, die etwa hochwertige Ware zuerst auslagern (HIFO: Highest in – First out) oder vice versa (Lowest in – First out: LOFO), sind selten und haben bilanztechnische Gründe. Die Gestaltung des Lagers, das heißt die Auswahl und Dimensionierung der technischen Systemelemente, wird entscheidend durch die festgelegte Strategie geprägt und ist nur mit hohem Aufwand reversibel. Hier also sind die Spielräume für den Architekten eingeschränkt, da die Rahmenbedingungen selten zu diskutieren sind.
WER Wo aber ist in diesem komplexen Kontext dann der Raum für Architektur? Scheint es nicht so, als würden Ingenieur und Logistikplaner alle Fäden in der Hand halten? Der Zugang zum Thema gelingt nur, wenn es möglich ist, den Mehrwert der gestalterischen Leistung und der Integration in einem Gesamtumfeld überzeugend darzustellen. Die enormen Dimensionen von Logistikimmobilien stellen außerordentliche Anforderungen an die Einbindung in Siedlungsräume und in die Landschaft. Sie stellen den Planer aber auch im Hinblick auf die konsequente Durcharbeitung und Integration energetischer Gesamtkonzepte vor hohe Herausforderungen. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, eine außergewöhnliche Lösung umzusetzen. Waren in der Vergangenheit Logistikimmobilien noch vorwiegend Gebäude zur Eigennutzung, so entstehen heute zunehmend Vermietungsobjekte. Insbesondere großstadtnahe Standorte, die einen hohen Grundstückspreis bedeuten, reflektieren diese Tendenz. Präferierte Flächengrößen der Projektentwickler sind dabei in der Regel zwischen 30 000 und 50 000 Quadratmeter. Es entstehen monofunktionale Flächenzusammenhänge, die in diesen Ausdehnungen bislang unbekannt gewesen sind und die zunehmend die Räume prägen, die wir als »Zwischenstadt« wahrnehmen. Ausschlaggebende Kriterien für die Entwicklung von fremd finanzierten Logistikimmobilien sind dabei Renditeanforderungen der internationalen Investoren, die sich vor zwei Jahren noch zwischen 6,5 Prozent und 7,5 Prozent je nach Standort bewegten, sich mittlerweile aber nach unten entwickelt haben dürften. Die im Vergleich noch geringen Mieten, die Logistikimmobilien in Deutschland erzielen, bedeuten enge Budgets, massive Einsparungen in der Ausführung und gleichzeitig eine Standardisierung, um möglichst kurze Bauzeiten zu gewährleisten. Gleichzeitig lässt die Homogenisierung der Abläufe in der Logistik europaweit eine Vervielfältigung der Hallen zu. Da die Qualität und Funktionalität der Gebäude im In- und Ausland nicht wesentlich voneinander abweichen, führt die europäische Ausrichtung der Projektentwickler und Investoren zwangsläufig zu einer Anpassung der Baustandards. Die im europäischen Kontext hohen qualitativen Vorgaben in Deutschland werden an das niedrigere Niveau in Holland oder Belgien herangeführt. Oftmals dürfen Baukosten dann nicht über 300 Euro je Quadratmeter liegen, was allerdings eine Nachnutzung der Immobilie erschwert und langfristig nicht durchzuhalten sein wird. In dieser komplexen Gemengelage sollten sich Ansätze für den kreativen Umgang mit der Thematik finden lassen. Es ist nicht einfach, zugegeben. Es ist aber unumgänglich. •
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