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Kunstmuseum · Art Gallery

Engere Wahl · Shortlist
Kunstmuseum · Art Gallery

»Was lange währt, wird endlich gut«. Diese Volksweisheit ist der eigentlich passendere Titel für die lange Planungsgeschichte am Kleinen Schlossplatz, an dessen Ende schließlich das Kunstmuseum steht. Wie jede Großstadt in Deutschland nach dem Krieg verfolgte auch Stuttgart in den sechziger Jahren das Leitbild einer verkehrsgerechten, modernen Stadt und hielt eine Untertunnelung im Zentrum für unumgänglich. Die Bürger reagierten auf dieses »Betonmonster« verärgert. Schon bald nach der Fertigstellung 1968 mussten die Stadtväter einsehen, dass der durch die Überdeckelung entstandene »Kleine Schlossplatz« ein ungeliebtes Verkehrsbauwerk blieb, dass die Stadt mehr trennte als vereinte. Über zwanzig Jahre vergingen, bis nach vier Überplanungen endlich eine Lösung gefunden wurde. Im Unterschied zu den vorangegangenen Wettbewerben verlangte der 1998 international ausgelobte Realisierungswettbewerb nicht nur Vorschläge für eine Platzgestaltung, sondern eine Konzeption, die sowohl kulturelle als auch kommerzielle Belange erfüllte. Dieser Ansatz hat schließlich zum ersehnten Erfolg geführt. Schon gleich nach seiner Eröffnung im Mai 2005 entwickelte sich das Museum zum Besuchermagneten und gerade in diesen Tagen ist mit dem »stilwerk«, einem großen Designkaufhaus, bereits ein zweiter kommerzieller Abschnitt seiner Bestimmung übergeben worden, der weiteres Publikum anzieht. Zwar findet die architektonische Gestaltung des gläsernen Museumswürfels mit seinem massiven, natursteinverkleideten Kern nicht überall Zustimmung, den Architekten aber sind zwei entscheidende Dinge gelungen: Die Einbeziehung der stillgelegten Tunnelröhren als (unterirdische) Ausstellungsfläche und der öffentliche Charakter des Hauses. Letzteres steht nicht nur auf dem Papier, sondern funktioniert tatsächlich. Das weitläufige Entree mit vorgelagerter Terrasse, das die Architekten als eine Art Stadtbalkon betrachten, zieht sich bis in das Foyer hinein und steht über die Museumstreppe in Verbindung mit dem im vierten Obergeschoss gelegenen Restaurant. Nicht jedem ist ein Besuch dieser Preisklasse möglich, aber der optische Genuss, seine Stadt aus erhöhter Warte zu betrachten, steht allen Bürgern offen, so lange bis das Restaurant schließt. Und davon wird reichlich Gebrauch gemacht.

Unterhalb dieser Etage befinden sich die drei im Stadtraum als steinerner Würfel sichtbaren Ausstellungsebenen, die nur über die externe Treppe zu erreichen sind. Der Besucher hat so die Möglichkeit, beim Wechseln der Geschosse immer wieder ans Tageslicht zu treten und seinen Blick nach draußen schweifen zu lassen. Dieses Prinzip von Introvertiertheit und Kommunikation bildet die Basis des Museumsentwurfs und zieht sich durch den gesamten Bau.
Die Architekten Hascher Jehle haben sich die Engere Wahl des Bal- tharsar-Neumann-Preises nicht allein durch ihre städtebauliche und architektonische Leistung erworben, sondern in erster Linie durch die Zusammenarbeit mit den Ingenieuren. Sowohl für die Tragwerkplaner als auch für die Klimatechniker war der Bau eine Herausforderung, die nur durch das geglückte Zusammenspiel der Disziplinen gelingen konnte. Immerhin befinden sich vier Fünftel der Ausstellungsfläche unter der Erde, ein Teil davon in den nicht mehr benötigten Tunnelröhren, die in zwei Ebenen übereinander liegend, unmittelbar an die noch bestehenden, stark frequentierten Durchfahrten grenzen. Ein Museumsbau an diesem strapazierten Ort war nur möglich durch besonders hohe Anforderungen an die Gründung, damit keine Erschütterungen übertragen werden. Für den ungetrübten Kunstgenuss mussten auch die Tunnelwände gegen Schall aufwändig isoliert werden. Ferner war ein erhöhter Brandschutz notwendig. Das alles dient dazu, die empfindlichen und wertvollen Kunstwerke nicht zu gefährden. Größtes Problem in Ausstellungshäusern ist allerdings das Klima. Die Museen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts hatten durch das massive Ziegelmauerwerk, die verputzten Wände und unversiegelten Parkettböden gute Voraussetzungen. Sie konnten eine zwar kühle, aber konstante Temperatur von 15 Grad ohne großen technischen Aufwand halten. Mit einer so ungenügend thermischen Behaglichkeit wäre allerdings heute ein modernes Museum mit seinen unterschiedlichsten Aufgaben nicht mehr erfolgreich zu führen. Im Kunstmuseum Stuttgart halten daher vier Voll- und eine Teilklimaanlage die Temperatur auf 20 Grad und die relative Feuchtigkeit auf circa 50 Prozent. Nur mit Hilfe modernster Simulationswerkzeuge konnten die unterschied- lichen Anforderungen an Ausstellungsräumen, Umgängen und dem Restaurant entwickelt und differenziert abgestimmt werden. Da der innere Kubus aus einer Betonkonstruktion und einer massiven vorgemauerten Natursteinwand aus Solenhofer Jura-Kalkstein besteht, wird durch die aktive Bauteilkühlung das zu konditionierende Luftvolumen drastisch reduziert. Wasserführende Kühlschlangen im Inneren der Bauteile gleichen den Verlust aus und sorgen für die gleichmäßige Temperierung von 18 bis 22 Grad. Der Aufwand, ein interdisziplinäres Team aus Bauphysikern, Fassadenberatern, Lichtplanern und Gebäudetechnikern zusammenzustellen und ein Energiemanagement einzubeziehen, hat sich in vielerlei Hinsicht gelohnt. Obwohl die gläserne Haut es nicht vermuten lässt, liegt der Energiebedarf unter den gesetzlichen Werten. Architektonische Qualität und die hohen technischen Anforderungen unserer Zeit (die dazu noch selten sichtbar sind) zu einem Ganzen zusammenzuführen, macht eigentliche Baukunst aus. Cornelia Krause
Art Gallery, Stuttgart “All good things come to those who wait”. This familiar expression is a more appropriate title for the long planning history at the Kleine Schlossplatz (Small Palace Square), which has eventually resulted in the creation of the Kunstmuseum. Like every large German city in the post-war era, Stuttgart adopted the model of a modern, transportation-driven city in the 1970s, and pursued plans to construct underground road tunnels in the centre. The public reacted angrily to the resultant “concrete monster”. Soon after its competition in 1968, the local authorities had to concede that the “Kleine Schlossplatz” – basically a concrete roof over a traffic interchange – was an unpopular structure, dividing the city more than bringing it together. More than twenty years passed, which saw four different planning schemes, until an acceptable solution was finally found. In contrast to previous competitions, the international competition of 1998 required not only proposals for the design of the square, but also a concept that addressed cultural as well as commercial interests. This approach has finally led to the desired success. After its opening in May 2005, the museum quickly developed into a magnet for visitors. Presently, a second commercial building stage is being handed over for its intended purpose – the design department store stilwerk, which will attract more visitors. Although the architectonic composition of the glass cube museum with its massive stone-clad core has not been met with universal approval, the architects have succeeded in two decisive areas: the incorporation of the disused tunnels as underground exhibition spaces, and the public character of the building. The latter is not only true in theory, but also in practice. The spacious entry with a forecourt extends into the foyer and connects via the museum stairs with the restaurant on the fourth floor. While dining at this expensive restaurant may not be within everyone’s means, the pleasure of beholding the city from a high vantage point is available to all so long that the restaurant is open. Good use is being made of this.
Below the restaurant the three exhibition levels are visible from the outside and can only be reached by external stairs. Thus, visitors are able to step out into daylight when moving between floors and let their gaze wander externally. This principle of introversion and communication forms the basis of the museum’s design and is carried through the whole building.
Architects Hascher Jehle have made it to the short list of the Balthasar Neumann Prize not only through their urban design and architectural achievements, but more importantly through their collaboration with engineers. The construction was a challenge for both structural and HVAC engineers, which could only be pulled off through successful interdisciplinary teamwork. Eighty per cent of the exhibition space is located underground, partly in the redundant traffic tunnels which are located in two levels over each other, directly adjoining existing routes carrying a large volume of traffic. A museum building at this difficult location was only possible by special design of the foundations in order to prevent vibration transfer. The tunnel walls also had to be elaborately insulated against noise transfer to ensure the uncompromised enjoyment of art. Furthermore, increased fire protection was necessary. All measures served to protect the sensitive and precious works of art. The biggest problem in exhibition buildings is, however, the internal climate. Museums of the 19th and early 20th centuries provided favourable conditions by means of massive masonry, plastered walls and unsealed parquet floors. They were able to ensure a rather cool but constant temperature of 15 C without significant technical assistance. However, with such a low level of thermal comfort, it would no longer be possible to successfully operate a modern museum with its multiple requirements. In the Kunstmuseum Stuttgart, therefore, four full and and one partial air-conditioning system maintain the temperature at 20 C and the relative humidity at around 50 per cent. The diverse requirements of exhibition rooms, circulation spaces and the restaurant could only be developed and precisely coordinated with the help of modern simulation tools. As the internal cube is constructed from concrete with a massive external skin of Solenhofen Jura limestone, the air volume – to be conditioned by the active cooling of building elements – is dramatically reduced. Water cooled coils within building elements compensate for the loss and ensure a constant temperature of 18 to 22 C. The effort of putting together an interdisciplinary team of building physicists, façade consultants, lighting engineers and services engineers, and incorporating energy management has paid off in many respects. Though the glass skin would normally indicate otherwise, the energy demand significantly undercuts values required by law. Combining architectural quality and the fulfilment of high contemporary technical requirements (still rarely to be seen) is fundamental to the art of building.
Bauherr · Client: Landeshauptstadt Stuttgart Architekten · Architects: Hascher, Jehle Architektur, Berlin Mitarbeiter · Collaborators: Thomas Kramps, Beate Leidner, Arndt Sänger, Eberhard Veit (Projektleitung); Andreas Dalhoff, Frank Jödicke, Silvia Keller, Ralf Mittmann, Philipp Nocke, Ausberto Oduardo, Jens-Peter Riepen, Ulrike von Schenk, Juliane Schröder, Thomas Weber, Daniel Wendler Tragwerksplanung · Structural engineering: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart in Zusammenarbeit mit Fichtner Bauconsulting, Stuttgart Fassadenberatung · Façade consultants: Ingenieurbüro Brecht, Stuttgart Lichtplanung · Lighting: Peter Andres, Hamburg Klimasimulation · Climatic simulation: DS-Plan GmbH, Stuttgart
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