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kunst am bau
Stellen Sie sich vor, Sie sind an einer Hochschule; für Architektur. Das Gebäude stammt aus den sechziger Jahren, es ist natürlich zu eng, die Uni hat kein Geld, guter Rat ist teuer. Was liegt näher, als dem großen Foyer ein bisschen Platz abzuknapsen und mit leichten Trennwänden schnell ein paar neue Räume zu schaffen? Wie, die beiden einander gegenüberliegenden Wände sind ein Kunstwerk? Ach was, wenn man eine Wand sieht, reicht das doch! Und wenn es später wieder nicht reicht? Machen wir´s nochmal!
So oder ähnlich muss es an der Universität in Siegen-Weidenau zugegangen sein. Dort montierte der Künstler Günter Drebusch 1967 hunderte Aluminium-Gussteile an die 4,50 m x 6,90 m großen Stirnwände des Foyers. Als die Architekturfakultät neue Räume brauchte, wurde es geteilt. Und später noch einmal. Die Räume, die an die Foyerwand angrenzen, sind nun nicht mehr als 3,50 m tief. Das Kunstwerk als solches ist nicht mehr erkenn-, geschweige denn erlebbar. Deshalb ist es letztlich nur konsequent, wenn die Studenten völlig ungehemmt die vor die Wand ragenden Aluminiumstücke abmontieren oder als Kabelaufhängung und Lappenablage benutzen.
Solch alltägliches Verhalten in Planungen zu berücksichtigen, ist Aufgabe von Architekten, die in der Hochschule auf diese Anforderungen vorbereitet werden. Wie aber sollen Studenten die Grundlagen ihrer Profession begreifen, wenn Lehrkräfte ungerührt solches Vorgehen hinnehmen? Und wie sollen sie Respekt vor der geistigen Arbeit anderer lernen, wenn ihnen das genaue Gegenteil vorgelebt wird? Die Uni hat mittlerweile Besserung gelobt. ~dr
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