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Komplexe Perspektiven

Ciboga-Terrain in Groningen
Komplexe Perspektiven

Am nördlichen Rand der Groninger Innenstadt, auf dem brachliegenden Gelände einer ehemaligen Gasfabrik, soll bis zum Jahr 2008 das autofreie Wohn- und Geschäftsquartier Ciboga entstehen. Der Masterplan sieht 13 großflächige Baublöcke vor, die wie Eisschollen (»Schots«) in einen fließenden, grünen Außenraum eingebettet werden sollen. Mit den ersten beiden Gebäuden von S333 sind die komplexen Ansprüche an das neue Quartier konkret geworden. At the northern edge of Groningen’s town centre, on the derelict site of a former gas factory, a traffic-free residential and business quarter Ciboga is being developed. The master plan foresees 13 extensive building blocks embedded like ice floes in asurrounding green external space. With the first two buildings from S333 the complex demands for the new quarter have been realized.

Text: Robert Uhde

Fotos: Jan Bitter
Nachdem die einst hier gelegene städtische Gasfabrik geschlossen wurde, nutzt jahrelang das 14 Hektar große Ciboga-Terrain (Circus-Boden-Gasfabriek) zunächst lediglich ein kleines Transportunternehmen und ein kleiner Zirkus. Doch inzwischen regt sich hier neues Leben, denn seit Anfang 2000 verwandelt sich die großflächige innerstädtische Brache in ein neues Wohn- und Geschäftsquartier mit insgesamt 900 Wohnungen, 1200 Tiefgaragenplätzen sowie 10000 Quadratmetern Laden- und 40000 Quadratmetern Büroflächen.
Die Ursprünge der ambitionierten Planung reichen zurück bis 1994, als die vier Architekten Burton Hamfelt, Chris Moller, Dominic Papa und Jonathan Woodroffe mit ihrem Entwurf von zwei Baublöcken am nördlichen Rand des Areals den Wettbewerb im Rahmen von Europan 3 gewonnen und daraufhin ihr Amsterdamer Büro S333 Architecture + Urbanism gegründet hatten. Ausgehend von der Überlegung, dass sich die Umsetzung ihres Entwurfes noch Jahre in die Länge ziehen würde, schlug die Stadt den Architekten daraufhin zunächst ein Alternativ-Grundstück vor. S333 lehnten das Angebot aufgrund der fehlenden städtebaulichen Dimension jedoch ab und wurden stattdessen damit beauftragt, ihre Entwurfsstrategie für das Teilgebiet gemeinsam mit dem Groninger Stadtbauamt auf das gesamte Ciboga-Terrain zu übertragen. Darauf aufbauend erhielt die Gruppe 1997 schließlich die Zusage zur Umsetzung ihres leicht überarbeiteten Entwurfes der beiden Blöcke 1 und 2.
Bis zum Bau der Gasfabrik gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Fläche des heutigen Ciboga-Terrains Bestandteil des äußeren Groninger Stadtwalls. Nach Süden schließt sich das Zentrum, nach Norden eine Stadterweiterung vom Ende des 19. Jahrhunderts an. Der unter Mithilfe von S333 entwickelte Masterplan der Stadt Groningen begegnet diesem heterogenen Kontext mit einem lebendigen Wechsel zwischen Architektur und grünem Umraum. Sämtliche der insgesamt 13 großflächigen Baublöcke sind dabei als unregelmäßig geschnittene, halb offene Volumina mit privaten, halb-privaten und öffentlichen Bereichen als fließendem Übergang zu einem vom Londoner Büro Alsop Architects geplanten Grüngürtel vorgesehen. Trotz seiner hohen Dichte soll das Terrain so zum Bestandteil eines neuen landschaftlichen Korridors zwischen dem Stadtpark im Westen und einem Kanal im Osten werden.
Einen ersten Eindruck von der hohen städtebaulichen Qualität des Projektes bieten die beiden jetzt realisierten »Schots« 1 und 2, mit denen S333 eine neu geschaffene Einkaufsstraße am nördlichen Rand des Areals eingefasst hat. Die eigentümlich verschachtelte Form des Ensembles mit seinen auf- und absteigenden Gebäudekanten wirkt dabei zunächst etwas arbiträr, erweist sich bei näherem Hinsehen aber als Reflexion auf die unterschiedlichen Sichtlinien und Verkehrsströme sowie als intelligente Lösung, um Tageslichteinfall, Raumprogramm und Erschließung zu optimieren. Neben verschiedenen Geschäften, einem Polizeibüro und einem Supermarkt im Erdgeschoss bieten die beiden Blöcke insgesamt 149 Wohnungen, die zum großen Teil über zwei halb-private Innenhöfe erschlossen werden. Um das Gelände frei von Autos halten zu können, steht eine gemeinsame Tiefgarage mit 300 Stellplätzen für Bewohner und Kunden zur Verfügung.
Obwohl beide Baukörper ein zusammenhängendes städtebauliches Ensemble bilden, wurden sie bewusst als eigenständige Elemente formuliert. Für den bis zu siebengeschossig ausgebildeten ersten Block wählten die Architekten eine eher kühl und industriell detaillierte Fassade mit geschosshohen Fenstern aus grünem, unterschiedlich stark getöntem Glas und breiten, schwarzen Rahmen. Die Fassaden des deutlich niedrigeren zweiten Blockes wurden im Kontrast dazu mit horizontal gegliedertem Zedernholz verkleidet. Ein weiterer augenfälliger Unterschied betrifft die Gestaltung der halb-privaten Bereiche – im ersten Fall als gemeinschaftlicher Innenhof auf dem Dach des Ladensockels, im zweiten als öffentlich zugängliche, begrünte Innenhof-Dachlandschaft, die über eine recht steile, terrassenartig angelegte Treppe vom Straßenniveau bis zum ersten Geschoss aufsteigt und dort einen Teil der Wohnungen erschließt.
Ähnlich abwechslungsreich zeigt sich auch die Gestaltung der Innenräume sowie der privaten Außenflächen: Insgesamt haben die Architekten 47 verschiedene Wohnungstypen realisiert – vom fünfgeschossigen Penthouse über Etagenwohnungen und Wohnungen mit ebenerdigem Zugang bis hin zu kombinierten Wohn-/Büroeinheiten. Einige der Wohnungen haben eigene Außengärten, andere bieten Wintergärten, Patios oder Dachgärten. Zwei weitere Bausteine zur Belebung der beiden Blöcke sind die geplante Begrünung der granulatbedeckten Innenhöfe sowie die bereits erfolgte Anpflanzung von Klettergewächsen. Bis das noch zarte Grün die Fassaden und Dächer bedeckt, wird jedoch noch einige Zeit vergehen müssen. Als belebter Stadtraum funktioniert das Projekt jedoch bereits jetzt, denn S333 ist ein intelligent in den städtebaulichen Kontext eingebettetes Ensemble mit hohem Wert für die weitere Entwicklung des Ciboga-Terrains sowie für die weiter südlich sich anschließenden Einkaufsstraßen in Richtung Zentrum gelungen. Eine mutige Alternative zum geschlossenen Baublock. R. U.
Schots 1 + 2, Ciboga-Terrain Bauherr: Development Consortium IMA: ING Vastgoed, Amstelland Ontwikkeling, Bouwbedrijf Moes B. V., Amvest Vastgoed und Nijestee Vastgoed Architekten: S333 Architecture + Urbanism, Amsterdam Projektteam: Burton Hamfelt, Chris Moller, Dominic Papa, Jonathan Woodroffe mit Hotao Chow, Stig Gothelf, Zvonimir Prlic, Jacob Sand, Line Thorup Schultz, Melanda Slemint, Fabien van Tomme, Francesca Wunderle Generalunternehmer: Bouwbedrijf Moes B. V., Zwolle Tragwerkplanung: Ingenieursbureau Wassenaar B. V., Groningen Facility Management: DAAD Architecten B. V., Beilen Fertigstellung: November 2002
Lageplan, M 1 : 5000
Schnitte, M 1 : 3000
  • 5. OG, M 1 : 2000
  • 7. OG, M 1 : 2000
  • 2. OG, M 1 : 2000
  • 4. OG, M 1 : 2000
EG, M 1 : 2000
1. OG, M 1 : 2000
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