1 Monat GRATIS testen, danach für nur 6,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

Klassenfest

Allgemein
Klassenfest

Dass Berlin eine Stadt der Moderne ist, ist keine überraschende Erkenntnis. Wie vielschichtig sich diese Moderne aber in den 20er Jahren präsentierte, überrascht stets aufs Neue. Bestes Beispiel dafür ist die nach langem Leerstand von Grüntuch Ernst Architekten sanierte und zu einem »Haus für Kunst und Esskultur« umgebaute ehemalige Jüdische Mädchenschule in der Auguststraße in Berlin-Mitte. Den Entwurf für den 1927/28 verwirklichten Bau im Duktus der Neuen Sachlichkeit lieferte Alexander Beer. Schon der Blick auf die Fassade des Ziegelbaus zeigt, dass der 1944 in Theresienstadt ermordete Beer zu jenen Architekten Berlins gehört, deren Werk dringend dem drohenden Vergessen entrissen werden sollte. Sein Schulbau für Mitte stellt noch heute ein Lehrstück für die subtile Gestaltung einer Straßenfront dar: Leicht aus der Flucht zurückgezogen und mit einem Staffelgeschoss bekrönt, belebt der Flachdachbau die ansonsten geschlossene Blockfront. Nur den Funktionstrakt mit Aula und Turnhalle beließ der Architekt in der Gebäudeflucht und verlieh ihm so eine dezente Betonung. Auch im Innern der bis in die 90er Jahre genutzten Schule geht es mit einem baulichen Esprit weiter, der Vergnügen bereitet. Das reicht von den farbigen Fliesen im Foyer über den Handlauf der Treppe bis hin zu den doppelt verglasten Oberlichtern zum Flur im EG. Grüntuch und Ernst, die ihr Büro in unmittelbarer Nachbarschaft haben, belassen dem Bau seine ursprüngliche Aura. Ihre Eingriffe haben sie weitgehend darauf beschränkt, im Haus »aufzuräumen«, über die Jahre verbaute Bereiche wieder freizulegen und die Funktionstüchtigkeit wieder herzustellen. Dazu gehören ein gläserner Fahrstuhl im Treppenauge und die ebenfalls gläsernen Wände in den OGs, durch die man schon vom Treppenhaus in die angrenzenden, neuen Galerieräume schauen kann (Galerie Michael Fuchs, Camera Work Contemporary, Eigen und Art Lab). Das EG der ehemaligen Mädchenschule, die von der jüdischen Gemeinde auf 30 Jahre an den Galeristen Michael Fuchs vermietet wurde, ist dem kulinarischen Erleben vorbehalten, mit dem Restaurant »The Kosher Classroom« und dem »Pauly-Saal« in der ehemaligen Turnhalle, der seinen Namen den großen Murano-Leuchtern an der Decke verdankt. Wer sich vielleicht einmal darüber beklagt, dass die ehemalige Jüdische Mädchenschule ein allzu trendgerechtes »must go« in den Berlin-Reiseführern geworden ist, der möge sich an den vergammelnden Zustand dieser Preziose der Moderne in den vergangenen Jahren erinnern.
~Jürgen Tietz
Aktuelles Heft
MeistgelesenNeueste Artikel

Architektur Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Architektur-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum arcguide Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des arcguide Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de