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Hausboot

Badehaus am Attersee, Österreich
Hausboot

Für die Ufer des Attersees gibt es keine Baugenehmigungen – einzig Badestege oder Kabinen sind erlaubt. Wer aber sagt, wie komfortabel so eine Badekabine sein darf? Das österreichische Architektenduo plante für seinen Bauherrn einen minimalistischen Einraum als eine Oase der Ruhe, die sogar mal eine Übernachtung zulässt. For the shores of Lake Atter no building permission can be granted – allowed are merely bathing-buts or platforms. But who is to say how well-appointed a bathing-but, may be? The austrian architects designed for their client a minimalistic single room as an oasis of peace which even permits an occasional overnighting.

Text: Klaus-Dieter Weiß Fotos: Edith Maul-Röder

Der größte See des Salzkammerguts und der Österreichischen Alpen war schon die Sommeridylle von Gustav Klimt. Faszinierend aber ist nicht nur die pure Wasserfläche vor der Gebirgslandschaft, sondern die Dramatik von Tages- und Jahreszeit, die den See zum Glühen bringt. Das kleine Badehaus am Ostufer wird in diesen Strudel der Farb-, Licht- und Wetterexplosionen bis zum letzten Winkel des Innenraums hineingezogen. Der zum Wasser verglaste Raum hat keine eigene Dimension mehr, er ist Spiegel und Resonanzraum von Gezeiten, die sich viel schneller und dramatischer äußern als in den periodischen Wasserstandswechseln am Meeresstrand. Bei ruhigem Wetter ein Programm in Kinofilmlänge. Wetterwechsel beschleunigen das Tempo zum Crescendo, das auf fünfzig Quadratmeter jede Nebenbeschäftigung überflüssig macht. Selbst im Liegen mit Blick zur Decke, lassen die Naturbilder den Träumenden nicht los, denn selbst die Lärchentäfelung des Raumes wird zur Leinwand. Der holzscheitschmale Kaminofen zwischen den Fenstersprossen hat wenig Chancen auf Beachtung, es sei denn, klirrender Frost machte ihn vorübergehend bedeutsamer. Auf der gegenüberliegenden Seite verbergen sich in sibirischer Lärchenholzwandverkleidung Schrank und Küche, dahinter gibt es nur noch Bad und Abstellraum. Der ehemalige Miteigentümer des Grundstücks ist am bescheidenen Bauvolumen mit einem WC für seinen benachbarten Badeplatz beteiligt.
Badeplätze am Seeufer sind hier hochbegehrt und werden mit bis zu 2000 Euro den Quadratmeter gehandelt. Die Uferstraße ist an dieser Stelle mehr als geschosshoch versetzt, das Badehaus mithin kaum zu finden. Jenseits liegt nur ein verlassener Gasthof, einst Anlaufpunkt der Attersee-Dampfschifffahrt. Damals diente ein deutlich weiter ins Wasser reichender Steg dem Fährbetrieb. Ein landseits daran anschließendes Bootshaus half nebenbei mit Umkleiden aus und wurde auf dem flachen Dach zur beliebten Seeterrasse des Gasthofs. Darüber ist die Zeit längst hinweggegangen – bis die Idee für den Neubau entstand. Dennoch wurde der bescheidene Holzrahmenbau auf sechs Meter auskragender Betonbasis von der für Natur- und Landschaftsschutz zuständigen Landesbehörde mit Argusaugen verfolgt. Fahnenmast und mobile Feuerstelle außen sind immer noch disputgefährdet.
Dass ein urspünglich geplanter Glasbau dem riesigen See an Spiegeleffekten hoffnungslos unterlegen wäre, zeigt die Praxis des Wetters auf 46 Quadratkilometern Wasserfläche. Insofern erweist sich der gerichtete, konzentrierte Blick keineswegs als Nachteil. Zumal die Badegäste im weiteren Verlauf des Seeufers auf ihren sündhaft teuren Badewiesen viel größere ästhetische Wagnisse eingehen als die Architekten mit ihrem in die Wasserlandschaft eingebundenen »Hausboot«.
Badehäuser waren schon in den zwanziger und dreißiger Jahren kultureller Bestandteil des Sees. Im 19. Jahrhundert wurden an dessen Ufern dreizehn voneinander unabhängige Pfahlbaustationen entdeckt, die offenbar von der späten Steinzeit bis in die mittlere Bronzezeit bewohnt waren. Der Traum, das Ufer zu bewohnen, ist darum weder neu noch – in dieser Zurückhaltung – grundsätzlich verwerflich. K.- D. W.


  • Architekten: Luger & Maul; Maximilian Rudolf Luger, Franz Josef Maul; Wels / Österreich
    Mitarbeiter: Ivo Kux
    Tragwerk: Architekten in Zusammenarbeit mit der ausführenden Baufirma Baumeister / Zimmerer: Schmid, A-Frankenburg Fenster / Außenverkleidung: Kranz, A-Schwanenstadt
    Dachdecker / Spengler: Martin Mayrhofer, A-Attersee
    Schlosser: Walter Hochmayr, A-Regau
    Fertigstellung: 2003
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