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Gut beraten

Bauzentrum in München
Gut beraten

Hier wird der Dienst am Kunden noch groß geschrieben. Als städtische Institution soll das Bauzentrum verschiedenen Firmen die Möglichkeit bieten, sich und ihre Produkte dauerhaft einem privaten Bauherrenkreis zu präsentieren. Die Architekten Hild und K stapelten in Betonfertigteilbauweise auf extrem schmalem Grundstück Ausstellungsflächen und Vortragssäle übereinander. Die großen, wohlbedacht gesetzten Öffnungen wirken dabei wie Schaufenster. Here service is written large. As a municipal institution the building centre gives various firms the opportunity to present themselves and their products permanently to a group of private building clients. On an extremely narrow site the architects used precast concrete elements to stack exhibition space and lecture rooms above each other. The large, carefully considered openings have the effect of display windows.

Text: Roland Pawlitschko

Fotos: Michael Heinrich, Simone Rosenberg
»Weniger geht nicht«, sagt Architekt Andreas Hild in Anlehnung an das berühmte Diktum »Weniger ist mehr« Mies van der Rohes und denkt dabei nicht unbedingt nur an die Architektursprache des neuen Bauzentrums der Stadt München, sondern auch an die vergleichsweise profanen finanziellen Interessen des Grundstückseigentümers, Bauherrn und Bauunternehmers Max Aicher. Hild und K haben mit ihm einen Deal ausgehandelt: Für den Neubau wird – innen wie außen – ausschließlich Beton und Stahl in marktüblicher Qualität verwendet, Baustoffe also, welche das mittelständische Bauunternehmen im eigenen Beton- bzw. Stahlwerk kostengünstig fertigen kann. Im Gegenzug erhalten die Architekten weit reichende gestalterische Freiheiten. Eine ähnliche Vorgehensweise führte bereits ein Jahr zuvor in gleicher Besetzung zum vielbeachteten Neubau des unmittelbar angrenzenden Parkhauses mit Wellenlinienfassade aus Weißbeton.
Die Hauptaufgabe des Bauzentrums liegt im Bereitstellen kostenloser Informationen zum Thema umweltgerechtes Bauen für private Bauherren. Dies erfolgt beispielsweise über individuelle Beratungen oder ein umfangreiches Angebot an Seminaren und Vorträgen, vor allem aber durch die täglich und frei zugängliche Produktausstellung der Bereiche Baustoffe und Haustechnik. In den vergangenen fünfzig Jahren seit Bestehen dieser Einrichtung hat es sich eingebürgert, die Produkt-Stellwände nebeneinander in Messehallen aufzustellen, und vermutlich wäre ohne die Auflösung des bisherigen Standortes niemand auf die Idee gekommen, diese stattdessen einmal in übereinander geschichteten Ebenen zu präsentieren, noch dazu auf einem so extrem schmalen Eckgrundstück wie diesem, südlich der neuen Messe.
Während Luftbilder und Lagepläne den Eindruck vermitteln, jenes bereits errichtete Anwohnerparkhaus wäre brachial an das Bauzentrum angebaut worden, ist davon am Bauzentrum selbst nichts zu spüren. Im Gegenteil: Die scharfkantige Fertigteilfassade aus geschosshohen, anthrazit durchgefärbten Betonelementen überträgt durch die großen Schaufenster Tag und Nacht unbekümmert und selbstbewusst die Kakophonie der an der Rückwand aufgestellten Produkte nach außen und lässt damit die vermeintlich wuchtige Dominanz des Parkhauses souverän auflaufen. Aufgesetzte »Glashalteleisten« aus hellen Betonfertigteilen rahmen unsichtbar gehaltene Glasscheiben und treten dabei leicht aus der ansonsten glatten Oberfläche der Lochfassade heraus, um Tiefenwirkung zu erzeugen – Tiefe, die es bei einer Breite von nicht einmal sechs Metern im Inneren nicht wirklich geben kann. Dafür gibt es aber fünf gestapelte, linear offene Räume, die über eine Himmelsleiter-Treppe zu einem Komunikationsraum zusammenwachsen. Ohne diese vertikale Durchlässigkeit würde wohl kaum ein Besucher überhaupt den Weg nach oben antreten.
Die Konstruktion dieses räumlichen Rückgrates – wie auch des restlichen Gebäudes – ganz aus Beton ist aufgrund der geringen Spannweiten und der monolithischen Bauweise grundsätzlich unkompliziert. Dennoch war die Queraussteifung des Gebäudes knifflig, immerhin liegen die beiden Stirnseiten der gestapelten Haupträume rund 45 Meter voneinander entfernt. Hierzu mussten Betonquerschnitte präzise aufeinander abgestimmt werden, um trotz unterschiedlicher statischer Belastungen durchgängige Deckenstärken erzielen zu können. Dieses sensible System wird jedoch durch den Nadelfilz-Teppich der Seminarräume gestört, der – um Niveausprünge zu vermeiden – in den Betonboden eingelassen werden musste. Geeignete Ausgleichsschichten wie Estriche gibt es nirgendwo im Gebäude, begangen wird überall der blanke Beton.
Betonfertigteile wie etwa jene der Außenwand sind an der dunklen Färbung zu erkennen, während die dazwischen liegenden vertikalen Stoßfugen oder Geschossdecken in hellgrauem Ortbeton gegossen wurden, zwar scharfkantig präzise, aber keineswegs in Sichtbetonqualität. Feine Abstufungen von Farbnuancen und Oberflächen des Baustoffes Beton strukturieren und gliedern das Gebäude unaufdringlich, dazu gehören auch die unscheinbar rund um alle Innentüren in die Betonwände geprägten Faschen. Ganz ähnlich verhalten sich die dunklen Geländer und Handläufe aus gewöhnlichen Flachstahlprofilen. Bei den Deckenausschnitten für die Treppen etwa ist auf den ersten Blick nur eine einfache Umwehrung erkennbar. Bei genauerem Hinsehen winden sich ganz im Stillen und mit viel Poesie Flachstahlprofile als geschlossenes, mäandrierendes Band zunächst zum Geländer, gehen dann nahtlos in einen Handlauf über, um auf der anderen Seite das gleiche Spiel zu wiederholen.
Das Bauzentrum ist ein domestizierter Rohbau und verfügt über keinen Innenausbau im herkömmlichen Sinn, dafür aber über unzählige bunte Ausstellungsstücke wie Whirlpools, Dachflächenfenster und Brennwertkessel, die diese Rolle dankbar übernehmen. Diejenigen Besucher nun, die dem Bauzentrum unvoreingenommen und mit wachen Sinnen entgegentreten, werden neben der vielfältigen (leider langweiligen) Produktausstellung eine sinnlich elementare Architektur vorfinden. Andere werden sich wieder einmal fragen, wann dieses Gebäude endlich fertig wird. R. P.
Bauherr: Max Eicher, Freilassing Architekten: Hild und K Architekten, München Andreas Hild, Dionys Ottl Projekt-Team: Nina Grosshauer, Tom Thalhofer, Carmen Wolf, Carolin Sauer Tragwerksplanung: Haumann und Fuchs, Traunstein Energietechnik, Heizung, Lüftung: Allwärme, München Lichtplanung: M. Schmidt B. König, München Freianlagen: Valentin & Valentin, Weßling
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