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Großer Bahnhof für den Fußball

Stadionbahnhof München-Fröttmaning
Großer Bahnhof für den Fußball

Der Stadionneubau in München-Fröttmaning machte auch die Erweiterung des Bahnhofs Fröttmaning erforderlich. Leitidee für das neue Bahnhofsgebäude war dabei die landschaftliche Einbindung der Überdachung in den sensiblen Biotopbereich der Fröttmaninger Heide. Ein sanft aus dem Gelände ansteigender Erdwall bildet zusammen mit dem gekrümmten Membrandach eine Wellenform, die die neuen Bahnsteige großzügig überdacht.

Construction of the new stadium at Munich-Fröttmaning meant that it was necessary to expand Fröttmaning railway station. The guiding idea for the new railway station building was the integration of the roof in the sensitive biotope area of the Fröttmaning moor. An earth wall rising gently from the site, together with a curved membrane roof, creates a wave form which provides a generous covering for the railway platforms.

Text: Klaus Meyer
Fotos: Stefan Müller-Naumann

Eine Ansage ist nicht nötig, ein Schild auch nicht. Wer zur neuen Münchner Fußballarena will, weiß sofort, dass er hier aussteigen muss. Allein die Größe der oberirdischen U-Bahnstation Fröttmaning weist den Fahrgast darauf hin, dass er sein Ziel erreicht hat. Vier breite Bahnsteige, überwölbt von einem weit gespannten, weißen Membrandach. Dazu ein monumentales Wandgemälde. Alles in ein magisches Licht getaucht. So etwas nennt man ein Entree.

Etwas Besonderes war diese Station schon immer. Die vielen Gleise nebenan deuten darauf hin. Sie sind Bestandteil des Rangierbahnhofs Fröttmaning, zu dem ein flaches Werkstattgebäude im Norden der Anlage gehört. Von hier aus starteten seit Inbetriebnahme des Münchner U-Bahnnetzes 1972 die Züge der Linie U6 ihre Fahrt nach Süden in Richtung Innenstadt. Inzwischen ist die Strecke längst nach Norden erweitert worden. Rangiert und repariert wird aber nach wie vor in Fröttmaning. Im Zuge des Ausbaus zu einem Parkand ride-Bahnhof erfuhr die Station 1994 eine weitere Aufwertung. Das damals errichtete Parkhaus im Osten der Anlage existiert noch, der neue Bahnhof indes musste bereits nach wenigen Jahren dem jetzigen Gebäude weichen – die Fußballgötter wollten es so. Zumindest eine Erweiterung des Bahnhofs wurde notwendig, als 2001 endgültig feststand, dass Fröttmaning der Standort des neuen, schließlich von Herzog und De Meuron entworfenen Kicker-Tempels werden würde. Was tun mit der Station? Anstückeln und hübsch herrichten? Für das mit der Baumaßnahme beauftragte Münchner Büro Bohn Architekten, das bereits den bestehenden Bahnhof geplant hatte, war das keine befriedigende Perspektive. Man legte einen völlig neuen Entwurf vor. »Dessen Leitidee«, so die Architektin Julia Mang-Bohn, »war die Einbindung der Bahnhofsüberdachung in die Landschaft der Fröttmaninger Heide, die im Westen an den Schienenstrang grenzt.« Von dort aus gesehen präsentiert sich die Architektur lediglich als Welle, gebildet aus einem sanft ansteigenden Erdwall und der weißen Krone des Membrandachs. Eine große, aber alles andere als auftrumpfende Geste. Das ästhetische Argument allein verschaffte dem Entwurf jedoch noch nicht das Placet der Behörden. Da Geld eine gewichtige Rolle spielte, gab die vergleichsweise kostengünstige Kunststoffdach-Konstruktion den Ausschlag für die Realisierung. »Das leichte Flächentragwerk«, so Julia Mang-Bohn, »minimiert den Stahlverbrauch erheblich. Außerdem ermöglichte der hohe Vorfertigungsgrad eine schnelle Montage während des laufenden U-Bahnbetriebs.«
Glasfasermembran als Dach Das Tragwerk ruht auf Baumstützen aus Stahlrundrohren. Darauf liegen die als geschweißte Hohlkästen ausgebildeten, gekrümmten Hauptträger. Zwischen diese sind unterspannte Bogenträger gelenkig eingehängt. Darüber spannt sich die mit Polytetrafluorethylen (PTFE) beschichtete Glasfasermembran. Das Dach besteht aus 25 Membranfeldern, deren Längsseiten mit Klemmleisten an den Hauptträgern befestigt sind. Seile halten die freien Ränder der Membranfelder.
»PTFE-beschichtete Glasfasergewebe«, so lässt der Obinger Hersteller Covertex verlauten, »sind zu einem hochwertigen Material mit einer Lebenserwartung von mindestens 25 bis 30 Jahren gereift und gelten mittlerweile als Standardprodukt im Textilbau.« Da die mikroporöse PTFE-Beschichtung keine Feuchtigkeit durchlässt, ist auch eine Immission von Mikroben oder Pilzsporen nahezu ausgeschlossen. Nach DIN 4102-A2 erreichen solche Membranen eine Einstufung als nichtbrennbares Material. Reinigung und Wartung erübrigen sich weitgehend. Daher sind die Folgekosten beim Bauunterhalt äußerst gering.
Darüber hinaus besitzt das Fröttmaninger Membrandach noch einen weiteren Vorzug. Die transluzente Haut wird nachts zu einem gigantischen Reflektor. Ein spezielles Lichtkonzept verstärkt diese Wirkung. Statt wie üblich mit abgehängten Leuchtstoffröhren wird das Bauwerk mit Induktionslampen illuminiert. Jeweils acht Strahler sind in eine Baumstütze integriert. Vier beleuchten die Bahnsteige direkt, die anderen vier werfen ihr Licht nach oben an die Dachhaut. Durch den hohen Reflexionsgrad der Membran dient das Dach damit nachts als Lichtsegel mit hoher Signalwirkung und schafft eine wunderbar ausgeleuchtete Bahnsteighalle.
Riesiges Wandbild Von der in jeder Beziehung lichten Konstruktion heben sich zwei Elemente deutlich ab. Zum einen die von dem österreichischen Künstler Peter Kogler mit einem schwarzen Liniengeflecht überzogene Sichtbetonwand im Westen, die den Erdwall zum Bahnhof hin abfängt. Zum anderen die mit schwarzen Kacheln verkleideten Wände der frei unter das Dach gestellten Sperrengeschosse. Über den südlichen Treppenaufgang gelangt man auf die seit 1994 bestehende Fußgängerbrücke, die zum Parkhaus führt. Den Hauptausgang zur Arena bildet das Sperrengeschoss Nord. Von dort strömen die Fußballfans über die neue Nordbrücke und die anschließende Rampe zum Stadionvorfeld. Ein leicht ansteigendes, kahles, windiges Gelände, in dessen Rücken sich ein paar Funktionsbauten erheben. Das Märzfeld der Schlachtenbummler. Vor Augen haben sie – das eigentliche Ziel. K. M.
Bauherr: Landeshauptstadt München vertreten durch das Baureferat Architekten: Bohn Architekten, München Entwurfsverfasser: Julia Mang-Bohn, Peter Bohn Mitarbeiter: Sabine Haggenmiller, Florian Nikol, Heike Molzberger, Tankred Winter Tragwerksplanung: Christoph Ackermann, München; Mitarbeiter: Stefan Haberl, Felix von Cranach Tragwerksplanung der Verlängerung der bestehenden Südbrücke: Ingeniuerbüro Seeberger Friedl & Partner, München Landschaftsplanung: Schober – Büro für Landschaftsarchitektur, Freising Kunst am Bau: Prof. Peter Kogler, Wien Objektüberwachung: CL Map GmbH, München und Technoplan Ingenieurgesellschaft mbH, München Projektsteuerung: Drees & Sommer GmbH, München Betriebs- und Haustechnik: Landeshauptstadt München, Baureferat Baukosten: 20 Mio Euro Bruttorauminhalt: 110 000 m³ Bruttogeschossfläche: 4700 m² Baubeginn: November 2002 Eröffnung: Mai 2005
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