1 Monat GRATIS testen, danach für nur 6,90€/Monat!
Startseite » Allgemein »

es war einmal …

Allgemein
es war einmal …

~Nikolaus Bernau

Mit dem Wertheim-Grundstück am Leipziger Platz sind mehr Erinnerungen verbunden als selbst in Berlin üblich ist: die an das größte Warenhaus Europas, an jenes prachtvolle Gebäude Alfred Messels, das als einer der Gründungsbauten der deutschen Moderne in so ziemlich jeder Architekturgeschichte steht, an die schamlose »Arisierung« Wertheims unter den Nazis, an die grandiose, ohne Weiteres wiederaufbaufähige Ruine, die auf Befehl der SED 1955 ruchlos abgerissen wurde, an die Ödnis des Mauerstreifens seit 1961, an jene Techno-Kultstätte, die nach 1990 im einstigen Tresor des Kaufhauses entstand. 2005 wurde dieser letzte Rest ebenfalls abgerissen, einige Baufragmente konnten ins Märkische Museum gerettet werden, auch einige Personalakten und weiße Spaltfliesen.
Erst Ende 2005 war die Eigentumsfrage geklärt. Bis dahin stritten sich die Wertheim-Erben mit dem Bund – der die Rechtsnachfolge der DDR angetreten hatte – und dem Karstadt-Konzern, der sich nicht scheute, neuerlich Profit aus der »Arisierung« Wertheims zu ziehen. Die Erben gewannen schließlich vor Gericht, verkauften 2006 für 75 Millionen Euro an den Orco-Konzern – der einen neuen Wettbewerb ausschreiben ließ. Das Konzept von Hilmer & Sattler sei, so Geschäftsführer Rainer Borgmann, »nicht sexy genug«. Ob es die Mitte März ausgezeichnete Idee des Berliner Architekten Jan Kleihues ist? In seinen Animationen zeigt er aus diesem Büro inzwischen gewohnte historistische Aufnahmen von Formen des Art Deco, zum Platz hin mit geschossübergreifenden Pfeilern als ferne Erinnerung an den alten Wertheim-Eckpavillon Messels, an der Straße als sture Reihung von kantigen Arkadenpfeilern und Fenstern. Selbst Kleihues meint, man solle noch andere Architekten hinzuziehen, um diese Monotonie aufzubrechen. Etwa 135 000 Quadratmeter Nutzfläche sollen entstehen, davon 70 000 für Geschäfte und Läden auf drei Ebenen entlang der neuen, leider wieder einmal überdachten Passage, darüber etwa 40 000 Quadratmeter Luxuswohnungen – an einer solchen Adresse trotz der Armut Berlins eine wahrscheinlich sichere Investition. Aber benötigt Berlin direkt neben dem Potsdamer Platz noch ein Shopping-Quartier? Fatal, dass fast 1000 Tiefgaragenplätze geplant sind. Das stimmt allerdings genau mit der Genehmigung des Senats überein, einen überflüssigen »Walk of Fame« für das Filmmuseum genau auf der Trasse der seit Jahren versprochenen Tramlinie zum Kulturforum zu bauen. 80 Prozent des Verkehrs mit ÖPNV? In Berlin scheint diese Vision zu den Akten gelegt worden zu sein. Bisher kann man nur zwei Vorteile für die Stadt aus dieser Planung erkennen: Der peinliche Plan für eine Lala-Rekonstruktion von Messels Ecke durch Hilmer & Sattler ist vom Tisch. Und das Grundstück wird wieder bebaut.
Tags
Aktuelles Heft
Titelbild db deutsche bauzeitung 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
MeistgelesenNeueste Artikel

Architektur Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Architektur-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum arcguide Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des arcguide Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de