Allgemein
Einmalige Vielfalt
Von der Schwelle bis zur Spitze aus Holz bestehen die Holzkirchen, die die verschiedenen Völker der Karpaten seit dem späten Mittelalter bauten. Der Unterschied zu norwegischen Stabkirchen liegt in der Bauweise: Die karpatischen Kirchen sind überwiegend in Blockbauweise errichtet. Dabei werden die Balken horizontal übereinander geschichtet und in den Ecken verzahnt. Zwischen 7,50 und 60 m sind die Gebäude hoch. Um eine optimale Statik zu erreichen, wurden in den verschiedenen Höhen gezielt unterschiedliche Konstruktionen gewählt. Die Holzarten variieren je nach Klima, und gegen Schädlingsbefall wurde das Holz z. B. in Salzsole getränkt. Im Innern gliedern sich die orthodoxen Kirchen in drei Räume, mit Platz für höchstens 50 Personen, der Chor ist durch eine Ikonostase abgetrennt. Da die Glaubensgemeinschaften während der Sowjetzeit verboten waren und die Gotteshäuser zweckentfremdet wurden, sind sie in schlechtem Zustand. Einige sind einsturzgefährdet. Vier bis sechs Kirchen brennen jedes Jahr durch fehlende Blitzableiter, umfallende Kerzen oder Brandstiftung ab. Werden sie renoviert, dann meist nicht nach bauhistorischen, sondern nach praktischen und finanziellen Gesichtspunkten: Holzdächer werden mit Blech überzogen und Wandmalereien mit neuen Ölfarben übermalt.
Andrij Kutnyi, Architekt an der TU München, hat im ukrainischen Teil der Karpaten sechs Kirchen wissenschaftlich erforscht, um zur Rettung der einmaligen Bauten beizutragen (Abb.: Hl. Nikolaus, 1795, Freilichtmuseum L’viv). Drei Jahre lang dokumentierte er detailliert die Konstruktionen, ließ Materialproben analysieren und prüfte die Bausubstanz. Er hofft, dass seine Arbeit dazu beitragen wird, die Kirchen ins UNESCO-Weltkulturerbe aufzunehmen. Für seine Dokumentation wurde Kutnyi im Juni immerhin schon mit dem Europa Nostra Award für das europäische Kulturerbe ausgezeichnet. ~dr
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