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Dauerlauf

Technik
Dauerlauf

Regenwasser zu nutzen, ist längst bekannt, das Abwasser aus Dusche, Bad oder Waschmaschine hingegen wieder zu verwenden, steckt noch in den Kinderschuhen. Dabei gibt es durchaus Projekte, bei denen sich das Verfahren nicht nur ökologisch gesehen rentiert, sondern auch nach einigen Jahren bereits amortisiert. While the using of rainwater is a well established practice, the reuse of waste water from the shower, bath or the washing machine is still in its infancy. At the same time, projects do exist which show that the process offers not only benefits from an environmental point of view, but can also pay for itself after a few years.

Wasserrecycling im Haushalt – zwischenzeitlich fast in Vergessenheit geraten – sah vor etwa fünfzig Jahren anders aus als heute. Damals gab es den Familienbadetag: Wasser wurde in großen Töpfen auf dem Holzofen erhitzt und die Kinder wurden – eines nach dem anderen, immer der Größe nach – in der eigens zu diesem Zweck in die warme Küche gebrachten Zinkwanne abgeschrubbt. Das Badewasser wurde nicht getauscht, stattdessen lediglich Warmwasser nachgefüllt, wenn das Bad zu kalt wurde.

Aus rein ökologischer Sicht ist Wasserrecycling im Haushalt also nichts grundsätzlich Neues, die Komfortansprüche haben sich seitdem jedoch stark geändert. Wir genießen das Duschbad heute am liebsten zwei- mal täglich, selbst, wenn wir nicht schmutzig sind. Sich unter der Dusche von den Strapazen des Alltags zu erholen und zu entspannen, wird von vielen als ein Stück Lebensqualität empfunden, auf das keiner mehr verzichten möchte. Allerdings ist dieser Komfort aufgrund deutlich gestiegener Trink- und Abwasserpreise nicht mehr so günstig zu haben wie noch vor einigen Jahren. Es sei denn, man hat ein doppeltes Leitungsnetz installiert und recycelt sein Dusch- und Badewasser, so genanntes Grauwasser, um es nach einer Aufbereitung als Betriebswasser zum Wäschewaschen, zur Toilettenspülung oder auch zur Gartenbewässerung oder Hausreinigung zu verwenden.
Grauwasser kann umweltfreundlich, rein biologisch ohne Zusatz von Chemikalien und mit niedrigem Energiebedarf gereinigt werden. Die dafür notwendigen For- schungs- und Entwicklungsarbeiten erfolgten schwerpunktmäßig in den neunziger Jahren in Kooperation mit dem Fachgebiet Hygiene der TU-Berlin. Heute gibt es nur wenige Hersteller so genannter Grauwasserrecyclinganlagen [1]. Das ausschließlich mechanisch-biologisch aufbereitete und mit UV-Licht desinfizierte Dusch- und Badewasser wird nach DIN 4046 Betriebswasser, von Anlagenherstellern und im Volksmund auch Klarwasser genannt. Diesen Namen hat das Endprodukt zweifellos verdient, ist es doch bereits allein nach dem Aussehen nicht vom Trinkwasser zu unterscheiden.
Seit der Markteinführung solcher Recyclinganlagen Ende 2002 sind etwa tausend Systeme – angefangen vom Standardmodell für Einfamilienhäuser bis hin zu Großanlagen mit einer Aufbereitungsleistung von etwa 20 000 Liter pro Tag – in Betrieb gegangen. Sie produzieren Klarwasser, das den Hygieneanforderungen der EU-Richtlinie für Badegewässer gerecht wird. In der Praxis werden deren strenge Anforderungen meist sogar um den Faktor 10 bis 100 unterschritten.
Funktionsweise und Wartung Bild 6 zeigt das Verfahren beim Grauwasserrecycling am Beispiel der AquaCycle-Anlage. Durch die geschlossene Bauweise der kompakten Anlage treten weder Geruchs- noch Feuchtigkeitsemissionen auf.
Einmal in Betrieb genommen, muss man sich dank der weitestgehenden Automatisierung kaum noch um die Anlage kümmern. Die ersten mit Bakterienkulturen besiedelten Schaumstoffwürfel in den Reinigungsbehältern sehen nach sieben Jahren noch genauso aus wie nach sieben Wochen Betriebszeit: Abnutzungserscheinungen sind nicht festzustellen. Bakterien und Schaumstoffwürfel reinigen nicht nur das Wasser, sondern nebenbei auch die Behälter- innenwände. Der Filter im Anlagenzulauf wird automatisch mit Klarwasser gespült, so dass Verstopfungen ausgeschlossen sind. Die sich am Behälterboden bildenden Sedimente werden regelmäßig – ohne Zutun des Betreibers – in den Schmutzwasserkanal abgeleitet. Für den Anlagenstrom fallen, bezogen auf ein Einfamilienhaus, bei einem täglichen Verbrauch von etwa 0,6 kWh – das ist nicht mehr als ein kleiner Kühlschrank benötigt – pro Jahr Energiekosten in Höhe von etwa dreißig Euro an.
Im Hinblick auf Wartung und Betrieb sind die Recyclingsysteme vergleichbar mit einer Zentralheizungsanlage. Bei der UV-Desinfektionsanlage muss nach spätestens 6 000 Betriebsstunden – also kaum früher als nach fünf bis zehn Jahren – ein Strahler ausgetauscht werden. Wann es soweit ist, zeigt das Display der Anlage an. Für die Behälter gilt eine zehnjährige und für die übrigen Komponenten eine zweijährige Gewährleistung.
Kosten Neben den ökologischen Aspekten, die für Wasserrecycling sprechen, sind es zunehmend auch ökonomische, denn die Kosten für Trink- und Abwasser steigen unaufhaltsam. Als die ersten Wasserrecyclinganlagen erforscht und entwickelt wurden – bei Kubikmeterpreisen um 1 bis 1,50 Euro für Trink- und Abwasser –, waren die Anlagen aus finanzieller Sicht weitaus weniger interessant als heute. Mittlerweile hat sich der Wasserpreis auf etwa 5 Euro/m³ erhöht (Bild 2). Bei den Wasserkosten hat der Eigentümer allerdings mehrere Möglichkeiten, diese zu senken. Während ein fünfköpfiger Berliner »Normalhaushalt« mit einem spezifischen Pro-Kopf-Wasserverbrauch von 119 Liter pro Tag etwa 1000 Euro jährlich bezahlen muss, lassen sich die Trink- und Abwasserkosten allein durch Grauwasserrecycling ohne Komfortverlust um etwa 450 Euro senken. Mit jedem Kubikmeter recycelten Dusch- und Badewasser werden die vollen Kosten sowohl für Trink- als auch für Abwasser eingespart. Es sind auch keine zusätzlichen Zähler erforderlich, was das Wasserrecycling zusätzlich attraktiv macht.
Überall dort, wo grundlegende Sanierungen anstehen oder neu gebaut wird, stellt sich die Frage, in welche Technologie man investieren soll, um mittelfristig auch einen angemessenen (finanziellen) Nutzen zu erzielen. Immer mehr Architekten und Fachplaner haben erkannt, dass man mit Wasserrecycling sogar beim Einfamilienhaus heute mehr Geld einsparen kann als beispielsweise mit einer thermischen Solaranlage, die, fachmännisch montiert, – ohne Förderung – mit rund 5 000 Euro etwa gleich teuer ist. In vielen Fällen ließe sich die Rentabilität des Wasserrecyclings leicht verdoppeln, wenn eine derartige Anlage mehr als die für fünf Personen zugrunde gelegten 250 Liter pro Tag aufbereitet. Weiteres Einsparpotenzial ergibt sich aus der Möglichkeit, die Wärme des Grauwassers zur Vorerwärmung des Warmwassers zu nutzen. Während dem kommunalen Abwasser mancherorts bereits etwas Wärme entnommen wird, ist es für dezentrale Anlagen noch die große Ausnahme. Hier besteht noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf.
Projektbeispiel mit Vorbildfunktion Einfacher und insgesamt preiswerter lässt sich Wasserrecycling realisieren, wenn statt vieler Kleinanlagen je Wohneinheit in Siedlungen mehrere Häuser und Wohnungen von einer einzigen Anlage mit Klarwasser versorgt werden. Je nach Wasserpreis lassen sich Amortisationszeiten um fünf bis sieben Jahre realisieren – bei Großanlagen kann sie sogar deutlich kürzer sein. Eine Vorbildfunktion hat hier das Ökoprojekt Lebens(t)raum in Berlin Johannisthal (Bild 7), bei der die Bewohner, insgesamt bis zu 80 Personen in 22 Wohneinheiten, gemeinsam eine Grauwasserrecyclinganlage nutzen. Neben dem Wasserrecycling umfasst die umweltfreundliche Haustechnik auch thermische Solarnutzung, Fotovoltaik und Holzpelletheizung.
Was ist planerisch zu beachten? Die für die Anlagenplanung wichtigsten Grundlagen und Betriebshinweise finden Architekten und Fachplaner unter anderem in dem 2005 veröffentlichten fbr-Hinweisblatt [2] und im Merkblatt der Berliner Senatsverwaltung »Innovative Wasserkonzepte – Betriebswassernutzung in Gebäuden« [3]. Da ein nachträglicher Einbau einer Wasserrecyclinganlage in der Regel aufwändig ist, sollte das Thema schon zu Beginn der Planung entsprechend berücksichtigt werden. Dazu gehört, dass sich die Planer frühzeitig ein realistisches Bild von dem wahrscheinlichen Wasserbedarf machen. Besonders wichtig ist eine möglichst zuverlässige Prognose des Anteils, der statt mit teurem Trinkwasser durch das recycelte Klarwasser bedient werden kann, um daraus die erforderliche Anlagengröße abzuleiten.
Ferner ist frühzeitig ein strategisch günstiger Aufstellort auszuwählen, damit die Investitionen für das zusätzliche Leitungsnetz minimiert – und unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Rückstauniveaus – vielleicht sogar auf zusätzliche Pumpen verzichtet werden kann. Als grober Richtwert für den Platzbedarf mag gelten, dass eine moderne Wasserrecyclinganlage für ein Ein- und Zweifamilienhaus auf der Fläche einer Europalette Platz findet. Für größere Einheiten ist von etwa 0,1 m² pro Person auszugehen. In der Detailplanung ist selbstverständlich zu berücksichtigen, dass die Wasserrecyclinganlage frei zugänglich und wartbar sein muss, was unter Umständen – je nach Anlagentyp – eine nutzbare Deckenhöhe von etwa 2 m erfordert.
Für Wasserrecyclingsysteme, die in Deutschland installiert werden (wo fast immer ein Anschluss an die kommunale Wasserver- und Abwasserentsorgung besteht), ist es meist vorteilhaft, lediglich das Dusch- und Badeabwasser zusammen mit dem aus den Handwaschbecken in die Anlage einzuleiten. Dieses Volumen deckt in der Regel den Bedarf für die Toilettenspülung und zum Wäschewaschen. Weiterhin ist bei der Planung zu beachten,
– dass Grauwasserangebot und Betriebswasserbedarf im öffentlichen oder gewerblichen Bereich, etwa bei einem Hotel, erheblich von veröffentlichten Mittelwerten (Bild 4, 9) abweichen können;
– dass die hygienisch bedenklichen Abwässer aus dem Toilettenbereich auf keinen Fall in die Wasserrecyclinganlage eingeleitet werden. Die Abwässer aus Waschmaschine und Küche sind vorzugsweise in das kommunale Abwassernetz einzuleiten, zumal hierzulande noch ein Anschluss- und Benutzungszwang besteht;
– dass es zu keiner Querverbindung zwischen dem Trinkwasser- und dem Betriebswassernetz kommt. Die Leitungen und Zapfstellen sind entsprechend den DIN-Vorschriften zu kennzeichnen.
Für welche Anlagentechnik man sich auch entscheidet, der jeweilige Hersteller sollte in jedem Fall die Einhaltung der Qualitätsanforderungen – möglichst schriftlich – garantieren. Ferner ist es empfehlenswert, sich über die je nach Anlagentyp erforderlichen Betriebskosten und den Wartungsaufwand zu informieren. Der Betrieb eines modernen Wasserrecyclingsystems sollte nicht mehr Wartung erfordern als eine gute Heizungsanlage und ebenso zuverlässig funktionieren.
Ob die Anlage später durch einen engagierten Hauswart oder durch eine Fachfima betreut wird, liegt im Ermessen des Einzelnen, sollte aber spätestens bei der Anlageninbetriebnahme geklärt sein.
Sofern diese wesentlichen Punkte eingehalten werden, ist gewährleistet, dass diejenigen, die Klarwasser nutzen, weder einem hygienischen Risiko ausgesetzt sind noch einen Komfortverlust erleiden. Bei Verfahren, die im Rahmen der Wasseraufbereitung und -verteilung vollständig auf den Zusatz von Chemikalien verzichten und nicht mehr als 2 kWh pro Kubikmeter recyceltem Wasser benötigen, kann man zweifellos von umweltfreundlichen Produkten sprechen.
Fördermöglichkeiten, behördliche und sonstige Anforderungen Fördermöglichkeiten sind von Kommune zu Kommune an unterschiedliche Voraussetzungen und Regelungen gebunden. Dennoch sind die behördlichen Anforderungen einfach zu erfüllen. Die Hansestadt Hamburg hat am 29. Juni 2004 das »Förderprogramm Grauwasser-Recycling« gestartet. Gefördert werden mechanisch und biologisch arbeitende Anlagen, die die Qualitätsanforderungen der EU-Richtlinie für Badegewässer ohne chlorhaltige Desinfektion einhalten. Neben Hamburg fördern auch andere Kommunen das Wasserrecycling – hier lohnt es sich bei den einzelnen Kommunen nachzufragen, die neben einer direkten Förderung manchmal auch zinsverbilligte Kredite für Wasserrecycling anbieten. Bundesweit gilt einheitlich:
– Gemäß § 3 der AVBWasserV ist dem Kunden bundesweit die Möglichkeit einzuräumen, sich für einen Teilbereich der Wasserversorgung vom Anschluss- und Benutzungszwang befreien zu lassen. Im Gegenzug ist dieser verpflichtet, den Wasserversorger über die Nutzung einer Grauwasserrecyclinganlage in Kenntnis zu setzen (z. B. formlose Mitteilung).
– Gemäß Trinkwasserverordnung müssen Wasserrecyclinganlagen bei den örtlichen Gesundheitsämtern angezeigt werden. Dies gilt sowohl bei der Erstellung als auch bei der In- und Außerbetriebnahme.
– Das Wäschewaschen mit Betriebswasser ist erlaubt. In nicht ausschließlich selbst genutzten Gebäuden muss zum Wäschewaschen laut Trinkwasserverordnung ergänzend auch ein Wasseranschluss mit Trinkwasserqualität vorgehalten werden, damit der Nutzer eine Wahlmöglichkeit hat.
– Wie bei anderen Installationen sind natürlich auch hier die jeweiligen Installationsvorschriften einzuhalten. Bei Wasserrecyclinganlagen ist zu beachten, dass alle Nicht-Trinkwasserleitungen und deren Zapfstellen zu kennzeichnen sind.
Für Berlin gilt ferner:
– Wasserrecyclinganlagen sind aufgrund § 38 Abs. 1 des Berliner Wassergesetzes generell genehmigungsfrei, wenn sie für einen Wasserbedarf von weniger als 20 000 l/Tag ausgelegt sind.
– Wasserrecyclinganlagen bedürfen keiner Baugenehmigung, die Errichtung unterliegt keiner präventiven Kontrolle durch die Bauaufsichtsbehörde.
– Lediglich für die Versickerung von (gereinigtem) Grauwasser bedarf es einer Erlaubnis seitens der Wasserbehörde. E. N.
[1] Dieses ist der Pontos GmbH, einer Tochterfirma der Hansgrohe AG, mit ihrer AquaCycle-Anlage, der Firma Lokus aus Berlin mit Tauchkörperanlagen und anderen mit bewachsenen Bodenfiltern gelungen. [2] fbr Hinweisblatt H 201 Grauwasser-Recycling Planungsgrundlagen und Betriebshin-weise, herausgegeben von der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung, Darmstadt, April 2005 [3] Innovative Wasserkonzepte – Betriebswassernutzung in Gebäuden, herausgegeben von der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Berlin, 2003
Die im Text aufgeführten Zahlenbeispiele beruhen auf Untersuchungen und Studien des Autors für den Raum Berlin.
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