Allgemein
Aufbruch in die Moderne (Potsdam)
~Jürgen Tietz
Zweimal Erich Mendelsohn, einmal Hannes Meyer: Einsteinturm, Hutfabrik und ADGB- Gewerkschaftsschule – das sind die bekanntesten Beispiele des Neuen Bauens im Land Brandenburg. Doch das Berliner Umland bietet noch mehr Entdeckungen, wie die sehenswerte Ausstellung »Aufbruch in die Moderne – Architektur in Brandenburg 1919 bis 1933« im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam zeigt, die im Auftrag der Brandenburgischen Architektenkammer entstanden ist. Die beiden Kuratorinnen Nicola Bröcker und Simone Oelker-Czychowski stellen anhand von originalen Plänen, historischen und aktuellen Fotos sowie von Modellen die Bandbreite der modernen Architektur zwischen 1919 und 1933 im Land vor. Das Spektrum reicht von Wohnbauten und Siedlungen über neue Industrieanlagen bis hin zu Volkshäusern und Wohlfahrtsforen. Mit ihnen wurde der Anspruch deutlich, an der neuen, demokratischen Gesellschaft mitzubauen. Begleitet wird die Potsdamer Ausstellung von einem Architekturführer, den die Kunsthistorikerin Ulrike Laible herausgegeben hat. Übersichtlich gestaltet und mit den notwendigen Karten versehen, hilft er, das baukulturelle Erbe Brandenburgs vor Ort zu entdecken. Neben Klassikern wie Albert Einsteins Sommerhaus am Schwielowsee (Architekt Konrad Wachsmann) gibt es auch weniger Bekanntes zu entdecken: Etwa die Kupferhaussiedlung in Eberswalde, ein Beispiel für das experimentelle Bauen mit Fertigteilen. Nicht minder faszinierend ist die Christuskirche von Otto Bartning am Rand von Brandenburg an der Havel. Nahezu vollständig im Zustand von 1928 erhalten, erweist sich der multifunktionale Veranstaltungsraum mit Schiebetüren und Klapp-Altar als Vorläufer der Gemeindezentren der 60er Jahre. Trotz zahlreicher Restaurierungserfolge gibt es noch etliche Brandenburger Sanierungsfälle, darunter das expressionistische Regattahaus (1925) des Potsdamer Stadtarchitekten Reinhold Mohr am Templiner See. Gleich neben dem einstigen Ausflugslokal steht Mohrs Musikpavillon (s. Abb.). Die filigrane Stahl-Glas-Konstruktion mit weit auskragendem Flachdach, die auch das Ausstellungsplakat ziert, wartet ebenfalls auf Rettung. Vielleicht kann die verdienstvolle Potsdamer Ausstellung dazu beitragen.
Bis 7. August. Haus der Brandenburgisch Preußischen Geschichte, Kutschstall, Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam, Di-Do 10-17 Uhr, Fr 10-19, Sa, So und an Feiertagen 10-18 Uhr, www.hbpg.de
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