Allgemein
Ästhetik des Widerspruchs
~Urte Schmidt
Architektur befasse sich immer mit Bestehendem, sei es die umgebende Natur oder vorhandene Bebauung, betonten viele Redner beim 11. Berliner Gespräch des BDA zur »Ästhetik des Widerspruchs«, zum Umgang mit Alt und Neu. Das »Bauen im Bestand« hat Hochkonjunktur, nicht wenige Architekten sind darauf spezialisiert. So unterschiedlich die Ergebnisse, so verbindend scheint die Faszination am Gebäude mit Vergangenheit. Peter Kulka wählte seine Heimatstadt Dresden zum Schwerpunkt des Vortrags. Schwärmte vom historischen Zentrum vor der Zerstörung, der Dichte und engen Verwebung von Kultur und Alltag. Bei Erläuterungen zu den Aufbauarbeiten am Residenzschloss zeigte er auch Verständnis für Einwohner, die ihre Stadt einfach wieder »heile« machen möchten. Planungen, die nicht der Rekonstruktion dienten, unterlägen einem langwierigen, intensiv diskutierten Prozess. Er äußerte sich zuversichtlich, dass Dresden wieder eine schöne Stadt werde – aufgrund seiner Lage und des Geschichtsbewusstseins: Auch früher beim König habe das Bauen lange gedauert, meinte er belustigt.
Die vorgestellten Werke zeigten Herangehensweisen von der Rekonstruktion über das Anfügen, Schichten, Möblieren und Weiterbauen bis zum Abriss historischer Substanz. Claus Anderhalten schilderte seine Faszination der Morbidität, der Vergänglichkeit von Material und Oberfläche alter Bausubstanz (Bild: Burg Giebichenstein bei Halle). Solche Spuren sichtbar zu lassen, erfordere größte Überzeugungsarbeit bei Bauherren, die leider nur makellose Flächen als repräsentativ empfänden. Heinrich Böll begeisterte mit seinem Vortrag und eindrucksvollen historischen Bildern und Plänen der Zeche Zollverein. Er betonte die Bedeutung der Umnutzung zur Finanzierung von Denkmälern. Die anregende Veranstaltung zeigte, dass es im Umgang mit Alt und Neu immer nur eine spezifische und keine allgemein gültige Lösung geben kann. Und dass Bauwerke mit Geschichte meist nicht nur Architekten, sondern auch neue Nutzer faszinieren.
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