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Absorptiv

Technik
Absorptiv

Nicht nur die Architektur, sondern auch die akustischen Eigenschaften der verwendeten Materialien bestimmen die Qualität und die Behaglichkeit eines Raumes. Doch bei der Akustikplanung muss nicht zwangsläufig auf herkömmliche Produkte zurückgegriffen werden – mit einigen Grundkenntnissen lässt sich fast jedes Material akustisch gestalten und so in die Innenarchitektur mit einbeziehen. The acoustic properties of the materials used also determine the architectural quality and the comfort of an internal space. It is not always necessary, however, to revert to the selection of con-ventional products when designing the acoustic concept – with some basic knowledge, almost every material can be adapted for acoustic purposes and thus be incorporated in the interior architecture.

Die akustische Qualität eines Raumes hängt neben seiner Lage im Gebäude, der schalltechnischen Qualität der Umfassungsbauteile und der zu erwartenden Hintergrundgeräusche auch von den akustischen Materialeigenschaften ab. Sie tragen also wesent- lich zur Behaglichkeit eines Raumes bei – neben einer guten Hörsamkeit und Sprachverständlichkeit, die vor allem bei Räumen mit besonderer Nutzung wichtig sind [1] . Da raumakustische Maßnahmen einen Einfluss auf die Formgebung und die Innenraumgestaltung haben, sind sie möglichst früh in den Planungsprozess mit einzubinden – zum Beispiel, weil bereits eine Sichtbetonoberfläche durch entsprechende Zuschlagstoffe oder Beschichtungen akustisch wirksam gemacht werden kann. Oder, neben herkömmlichen Akustikmaterialien, auch viele andere Materialien zu diesem Zweck adaptiert werden können und so das spätere Erscheinungsbild wesentlich prägen und dem Raum Individualität verleihen.

Durch die großen Wellenlängen des Schalls (3 cm bei hohen Frequenzen und bis 6 m bei tiefen Frequenzen) ist oft eine größere Konstruktionstiefe raumakustisch wirksamer Maßnahmen erforderlich als ursprünglich geplant. Ein Beispiel: Ein 5 mm dicker Teppich ist für die Wellenlänge von hochfrequenten Tönen (z. B. schrilles Pfeifen, Wellenlänge ca. 4 cm, ca. 8 kHz) als dick anzusehen. Für tieffrequente Töne (z. B. männliche Stimme, Wellenlänge ca. 2,20 m, Grundfrequenz ca. 150 Hz) ist dieser allerdings relativ dünn und somit schalltechnisch unwirksam. Insofern müssen Materialien und Konstruktionen gefunden werden, die die Schallwellen eines großen Frequenzbereichs absorbieren und so den Raum nach den speziellen Erfordernissen optimal gestalten. Daher sind sowohl eine entsprechende Konstruktionstiefe als auch der akustisch notwendige Flächenbedarf sämtlicher Raumoberflächen von Bedeutung.
Die dominante Größe für die raumakustische Planung ist die Nachhallzeit. Sie beschreibt selbstverständlich nicht allein die akustische Eigenschaft von Räumen, ist jedoch im Hinblick auf die Planung am einfachsten zu handhaben. Die auch zu beachtende geometrische Raumakustik zur Steuerung der Schallverteilung soll hier, ebenso wie Betrachtungen zur Feinstruktur der Nachhallzeit, nur am Rande erwähnt werden. Die Nachhallzeit hängt direkt mit dem Schluckgrad der Gesamtoberflächen zusammen. Diese werden im Hinblick auf die schallabsorbierende Wirkung mit dem bewerteten Schallabsorptionsgrad aw bzw. dem frequenzabhängigen Schallabsorp- tionsgrad aS gekennzeichnet.
Wie wirken nun Oberflächen aus bestimmten, schallabsorbierenden Materialien? Eine in der Bautechnik übliche Systematik nach technologischen Gesichtspunkten, also in erster Linie nach den mechanischen Eigenschaften von Materialien, ist nicht zielführend. Wesentlich aus akustischer Sicht ist, dass der Luftschall an der Oberfläche auch ins Innere der Materialien als Luftschall weiterwandern kann: In das Material muss sozusagen Luft mit einem mehr oder minder großen Widerstand geblasen werden können. Glatte, geschlossene Oberflächen wie verputztes Mauerwerk, Beton, Gipskarton, Glas, Kunststoffe oder Holzverkleidungen wirken in der Regel nicht als Absorber und können somit nur durch Strukturierung zur Schalllenkung bzw. -streuung verwendet werden. Dennoch festzustellende Absorptionsgrade von massiven und relativ glatten Wänden mit Werten von aS = 0,02 – 0,03 sind auf mit dem Auge kaum wahrnehmbare Poren im Gefüge von Mauerwerken oder Putzen zurückzuführen. In der Regel werden diese geringen Absorptionen nur bei hochwertigen Musikräumen berücksichtigt.
Bei den schallabsorbierenden Materialien unterscheidet man poröse Absorber und Resonanzabsorber. Während letztere zur Schalldämpfung im unteren Frequenzbereich (lange Schallwellen) in Form von Folien oder Plattenabsorbern eingesetzt werden, verwendet man poröse Absorber, offenporige Materialien mit großer Porosität, hauptsächlich um mittlere und hohe Frequenzen abzumindern. Um ein optimales Ergebnis zu erreichen, werden meist beide Prinzipien miteinander kombiniert.
Poröse Absorber Ausgehend von der Feststellung, dass raue Oberflächen keinen nennenswerten Beitrag zu erhöhtem Schallschluckvermögen liefern, führt eine Betrachtung von Porigkeit zum Verständnis der physikalischen Vorgänge (Bild 2). Quantitativ kann die Porigkeit durch die Porosität ausgedrückt werden. Dabei handelt es sich um das Verhältnis vom Porenvolumen zum Gesamtvolumen. Allein die Porosität ist jedoch für die Akustik nicht wesentlich, sondern zusätzlich auch die Verbindung der einzelnen Poren miteinander und zur Oberfläche (Bild 3). Unter Berücksichtigung dieser Tatsache kann erklärt werden, warum ein Baustoff mit hoher Porosität, etwa Porenbeton, keine nennenswert hohen absorbierenden Eigenschaften aufweist: Beim Porenbeton handelt es sich um in sich geschlossene Poren, die keine Verbindung miteinander haben.
Der bekanntlich hochwertigste poröse Absorbers ist die Mineralfaser mit einer Porosität s bis zu 0,98. Weitere günstige Materialien mit tendenziell geringeren Porositäten sind:
– organische und künstliche Faserdämmstoffe, Kokosfaserrollfilz, Schafwolle, Flachse (in der Regel mit schalltechnisch angepasster Vliesoberfläche), Polyesterfasergewebe mit einer der Dicke angepassten Dichte (20 kg/m3 bis 200 kg/m3), Filz mit einer auf die Dicke abgestimmten Dichte (jeweils 0,8 – 0,95 s)
– Schaumstoffe mit offenen Poren (jeweils 0,4 – 0,95 s)
– Faserstoffplatten aus Natur- und Recylingmaterial, Holzwolle-Leichtbauplatten mit unterschiedlicher Faserstruktur, Leichtspanplatten, gebundenes Gummischrot, zerkleinerte, gebundene Gewerbeabfälle (jeweils 0,65 – 0,8 s)
– Putze, mineralisch bis Körnung 0,3 auf Zellulosebasis (d=20–30 mm) (0,6 – 0,65 s).
Aber auch mit niedrigeren Porositäten lassen sich einigermaßen wirkungsvolle Absorber gestalten, etwa mit:
– losen Schüttungen, Kiesel/Splitt (Körnungen 2– 5 bis zu Schotter), Altglasgranulat, Liapor und ähnlichem (0,2– 0,5 s)
– Schamottsteinen (0,15 – 0,35 s)
– Schüttungen gebunden (Grundmaterialien entsprechen den losen Schüttungen, die Bindung darf die Porosität nicht herabsetzen; hochwertige Sieblinien sind erforderlich, um Verklebungen durch Stäube zu verhindern), haufwerksartige Betone, geschäumtes Altglasgranulat, Gummischrotplatten (jeweils 0,05 – 0,4 s).
Wie am Beispiel des Teppichs gezeigt, ist nun der Einfluss der Dicke des porösen Absorbers im Hinblick auf die zu erwartende/zu absorbierende Wellenlänge zu betrachten. Für tiefe Frequenzen würden Absorberschichten mit Materialdicken von bis zu 1 m benötigt. Absorber dieser Art sind bekannt aus akustischen Sonderräumen wie dem so genannten schalltoten Raum. Im »gewöhnlichen« Innenraum kann die Materialmenge jedoch reduziert werden. Meist reicht es, wenn im Grenzschichtbereich der Oberfläche lediglich der strömungswiderstandsoptimierte poröse Absorber, etwa ein Vorhang aus entsprechenden Geweben vor einem ausreichenden (bis zu 1 m tiefen) Wandabstand, vorhanden ist. Da dieser erforderliche Zwischenraum meist nicht verfügbar ist, wird ein poröser Absorber in der Regel lediglich für den mittleren und höheren Frequenzbe-reich mit Gesamtaufbauhöhen von maximal 20 cm genutzt.
Poröse Absorber können dann mit stark luftdurchlässigen, das heißt »akustisch transparenten« Oberflächen (Lochflächenanteil > 30 %) verkleidet werden, etwa mit Holzlatten, Metall- oder Glaslamellen (mit Abständen bis 1/10 der Breite), kleinformatigen Platten aus Holz, Kunststoff oder Glas (mit großem Fugenanteil), textilen Belägen (z. B. Rupfen oder sonstige Gewebe), groben Metall- oder natürlichen Geweben wie etwa Weidengeflecht. Auch diese Abdeckungen lassen sich schalltechnisch optimal gestalten und nutzen; sie führen zur weiteren großen Gruppe, den Resonanzabsorbern.
Resonanzabsorber Durch die schalltechnische Gestaltung von Loch- und Schlitzplatten aus unporigen Materialien wie Holz, Stein, Glas, Kunststoffplatten etc. kann bei geringem Bauraum ein breitbandig wirkender Absorber für tiefe bis mittelfrequente Bereiche gestaltet werden. Eine Lochfläche < 10 % sollte vermieden werden. Neben den bekannten, oftmals mechanisch sehr beständigen Oberflächen wie Loch- und Schlitzplatten aus Blech oder Holz sind auch gerillte oder geschlitzte Holzweichfaserplatten mit offenporigem Farbauftrag, Mauerwerk mit offenen Stoßfugen und dahinter liegendem Luftraum, Lochziegel (hochkantgemauert, Lochflächenanteil > 17 % vor Luftraum) oder Verbretterungen (mit Fugen 5 –10 mm vor Luftraum) vorstellbar. Durch geschickte Ausnutzung weiterer physikalischer Eigenschaften können auch mit durchsichtigen Materialien wie mikroperforierten Plexiglasplatten oder mikroperforierten Folien (geschichtet, mehrere Lagen mit dazwischen liegenden Lufträumen), ebenso hohe, breitbandige Absorptionen erwartet werden. Aber auch dünne, unporige Folien, die über poröse Absorber gespannt werden, verbessern die Absorption im niedrigen bzw. mittelfrequenten Bereich mit nur geringer Minderung bei hohen Frequenzen. Durch die Dicke der Folie, also den Massenbelag, lassen sich die Absorptionsgrade für unterschiedliche Frequenzen steuern.
Sonderfälle stellen Einzelresonatoren, das heißt Schlitze vor in sich abgeschlossenen Luftvolumen, dar. Hiermit können ganz gezielt einzelne Frequenzbereiche mit hoher Absorption versehen werden. Wegen der aufwändigen Hergestellung finden sie in erster Linie bei hochwertigen Veranstaltungsräumen (Konzertsälen) Verwendung. Während Einzelresonatoren noch einen relativ hohen Raumbedarf aufweisen, kann mit so genannten Plattenabsorbern, unporigen, relativ dicken Platten vor einem schmalen abgeschlossenen Luftpolster, der Bauraum wiederum stark reduziert werden. Diese Plattenresonatoren können durch Art der Kassettierung der Luftschicht, Bedampfung der Luftschicht mit porösen Absorbern und insbesondere durch das Gewicht und das Format der raumseitigen Platte verändert werden. Erforderliche absorbierende Eigenschaften können relativ gut angepasst werden. In der Regel kommen hier elementierte Materialien mit Massebelägen zwischen 5 –15 kg/m2, etwa 6 –12 mm dicke Holzplatten, Gipskarton, Bleche oder Kunststoffplatten zum Einsatz. Durch die Orientierung kann zusätzlich eine Streuung der reflektierten Schallanteile ausgenutzt werden.
Variable Absorber Für Räume mit unterschiedlicher Nutzung ist oft eine variable Nachhallzeit wünschenswert. Ist dies durch eine Veränderung des Raumvolumens nicht möglich, stellen beispielsweise Vorhänge vor absorbierenden Strukturen die einfachste Variante hierzu dar. Durch das Verständnis von Wirkprinzipien und Materialien für Schallabsorber können die zum Teil zwingend erforderlichen raumakustischen Maßnahmen individuell entwickelt werden. Sicherheit für die erzielbaren Qualitäten oder für Nachweise im bauaufsichtlichen Sinn kann – neben der theoretischen Begleitung – durch Messungen im Impendanzrohr bzw. in einer Hallkabine an relativ kleinen, kostengünstigen Mustern geschaffen werden. G. H./ cf
[1] Für Sonderräume dieser Art werden Anforderungen und Planungshinweise in DIN 18 041 »Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen« dargestellt. Es wird zwischen Räumen unterschiedlicher Nutzung, zur Sprachnutzung wie Unterrichtsräume oder Vortragssäle und zur musikalischen Darbietung, vom Musikraum in der Schule über den Gemeindesaal zum Konzertsaal, unterschieden.
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