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Revolutionär und banal
Es war zu erwarten, dass nach dem Tod von Margaret Thatcher über ihr Vermächtnis ebenso gestritten würde wie zu Lebzeiten über ihre Politik. Die Architektenzunft macht dabei keine Ausnahme. Immerhin veränderte die Eiserne Lady die Berufswelt der Architekten so stark wie kein Premierminister vor oder nach ihr. Im Guten oder im Schlechten?
Einerseits erinnert sich der Berufsstand mit Bitterkeit an die Abschaffung der großen Architekturabteilungen in den kommunalen Verwaltungen und der Mindesthonorare für Architekten, wodurch sich die Struktur der Branche von vielen kleinen zur heutigen Dominanz großer Büros wandelte. Der Soziale Wohnungsbau kam fast zum Erliegen, gleichzeitig konnten Sozialmieter ihre Häuser kaufen – wodurch diese ebenfalls vom Markt verschwanden. Eigenheime wandelten sich vom Zuhause zum Investitionsobjekt.
Andererseits fand während Thatchers Amtszeit die Wiederbelebung des Finanzplatzes London und in der Folge die Konversion der Docklands statt. Die Bürobauten von Canary Wharf, so argumentieren einige, legten den Grundstein für das heutige Renommee englischer Architektur. Nun sind die meisten dieser Bauten keine großen Würfe – und wie im Großen, so markieren die 80er Jahre auch im Kleinen die Ausbreitung uniformer, banaler Architektur in Wohn- und Gewerbebauten. Daran hat sich nicht viel geändert, sodass auch das architektonische Großbritannien, wie wir es heute kennen, direkt in Margaret Thatchers Modernisierungsdrang wurzelt. ~dr
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