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Kathedrale im Nirgendwo

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Kathedrale im Nirgendwo

~Matteo Vercelloni

Im niederländischen Kootwijk wurde 1920-23 ein monumentales Gebäude errichtet: eine Radiostation für die Kommunikation über Langwellen mit den ostindischen Kolonien. Die Regierung wollte sich damals von den dominierenden deutschen und englischen Radiodiensten unabhängig machen. Nicht nur ganz konkret, sondern auch auf symbolischer Ebene setzte man auf große Strahlkraft. Der surreale Charakter der Radiostation hat sich durch die Zeit erhalten, heute wird das Baudenkmal für Events, Veranstaltungen und sogar als Filmkulisse genutzt.
Architekt war Julius Maria Luthmann (1890-1973), der als Mitglied der »Amsterdamer Schule« lange Jahre v. a. für die Stadt Den Haag arbeitete. Diese Bewegung entwickelte zwischen Rationalismus, Bezug auf die Geschichte sowie Leidenschaft für das Dekorative und Skulpturale keine scharfe ideologische Identität, sondern nahm angesichts der Bilderstürmerei der Moderne lieber das Konzept einer »neuen Tradition« vorweg, das nicht ohne einen gewissen modernen Romantizismus war.
In diesem Kontext steht die Radiostation in Kootwijk als besonderes Beispiel, nicht in Amsterdam, sondern im Nirgendwo, weithin sichtbar zwischen dem Wald und dem weißen Strand von Kootwijkerzand. Referenzpunkte waren für Luthmann nicht Gewebe der Stadt, sondern die Natur und ihre Leere. Das isolierte flache Gelände war ideal, weil hier weder physische Objekte noch andere Frequenzen die Übertragung behinderten.
Als Baustoff diente Stahlbeton, ein Material, das unter den Architekten der Amsterdamer Schule gewiss nicht zu den bevorzugten gehörte. Ausschlaggebend für die Wahl war jedoch seine Feuerfestigkeit, denn die Radiostrahlung verursachte immer wieder Überhitzungen. Luthmann ließ sich in der Ausführung von der 1920 in Nauen gebauten Radiostation inspirieren, aber auch von altägyptischer Architektur, für die er eine Leidenschaft hatte, insbesondere für die Figur der Sphinx. So folgt die technische »Laienkathedrale« einer Mittelachse, an der sich der rechteckige Zugangshof mit den zwei eckigen Empfangshäuschen und dem zentralen Becken aufreihen. In diesem spiegelt sich das Gebäude in seiner ganzen Größe; es hat aber auch eine ganz profane Funktion als Kühlteich für die Maschinen.
Der Turm, »Kopf der Sphinx«, ist gekennzeichnet durch gestaffelte Volumen, die das Bauwerk stützen, außerdem durch die Kuppel auf einem quadratischen Ringanker. An zahlreichen Stellen ist Berlages Einfluss zu erkennen, entstanden ist jedoch ein ganz eigener Bau, der einen geschichtsgetränkten Expressionismus mit einer monumentalen Aussage über den Wert ziviler Architektur in einer Anordnung monolithischer Volumina verdichtet.
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