~Ulf Meyer
Wie ein Blechblasinstrument außen und ein hölzernes Streichinstrument im Innern präsentiert sich die Kombination aus Bibliothek und Musikschule im vorarlberger Wolfurt. In ein und demselben Gebäude sowohl einen Bereich, in welchem Ruhe geschätzt wird, als auch einen geräuschintensiven zusammenzuspannen, erscheint zunächst als unglückliche Konstellation. Fink und Thurnher, die 2014 mit ihrem Entwurf den 1. Preis im Architekturwettbewerb gewonnen hatten, beweisen mit ihrem Musik- und Lesehaus jedoch, dass sie nicht nur diese diametral entgegengesetzten Anforderungen geschickt auflösen. Auch verhilft ihr kubischer Neubau städtebaulich mit klaren, raumbildenden Kanten der suburbanen Suppe in dem Bregenzer Vorort zu einer Identität. Das Haus für Buch und Spiel bildet auf einem Eckgrundstück neben dem Rathaus und gegenüber dem zurückgesetzt liegenden Vereinshaus »Cubus« (Cukrowicz Nachbaur Architekten, 1997) eine neue kulturelle Quartiersmitte.
Wie ein Setzkasten präsentiert die Fassade zur Straße hin die 15, auf die drei OGs verteilten Proberäume der »Musikschule am Hofsteig«. Der Rücksprung im EG integriert en passant eine Bushaltestelle und geschützte Fahrradparkplätze. Dahinter eröffnet ein Schaufenster Einblicke in die Bibliothek, die sich auf der Gebäuderückseite über ein Holzdeck zu einer Lese- und Spielwiese mit Obstbäumen hin öffnet.
Die Vorarlberger Könnerschaft liegt auch bei diesem Projekt im Umgang mit Material und Detail. Feine Beton-Oberflächen und unbehandeltes, sägeraues Eichenholz für Böden, Akustikdecken und -wände kontrastieren mit dem Messing und dem Klinkermauerwerk der Fassaden. Als »Rohbau plus Holz« bezeichnen die Architekten ihren entwurflichen Ansatz – ein charmantes Understatement, denn auch räumlich bietet der Neubau auf kleinem Raum eine überraschende Vielfalt.
- Standort: Sternenplatz 1, A-6922 Wolfurt
Architekten: Fink Thurnher Architekten, Bregenz
Bauzeit: Februar 2015 bis August 2016, Nutzung ab September 2016
db deutsche bauzeitung 04|2017