Ulm
Haus der Museumsgesellschaft
~Rüdiger Krisch
Krieg und Wiederaufbau zur »autogerechten Stadt« hatten mitten durch die Ulmer Altstadt eine breite Verkehrsschneise, die Neue Straße, geschlagen. Als heilende Pflaster stehen heute, auf einer Tiefgarage, zwei Geschäftshäuser (siehe db 1/2007) und ein Museum.
Im Kontext dieser Entwicklung hat die Ulmer Museumsgesellschaft in direkter Nachbarschaft ihr angestammtes Haus grundlegend umgebaut und erweitert. Unter dem aufgestockten Doppelgiebel befinden sich großzügige Veranstaltungsräume mit Galerien, darunter drei Geschosse mit vermieteten hochwertigen Büroflächen.
Hervorstechendes Merkmal des Gebäudes ist zweifellos seine Fassade. Vor einem fast vollständig verglasten Baukörper steht bzw. hängt im Abstand von etwa einem halben Meter eine Schicht aus roten Lamellenrahmen, die teilweise nach außen aufgefaltet werden kann, um den Innenräumen freie Sicht auf Platz und Gasse zu ermöglichen. Im zurückgesetzten, gewerblich genutzten Erdgeschoss definieren einige frei stehende Rahmen eine Art Arkadengang, der im Sommer von einer Café-Bar bespielt werden kann.
Das Haus steht und fällt mit seiner expressiven Fassade: Einerseits schafft sie eine Oberflächentextur, die das Gebäude trotz seiner deutlich größeren Dimensionen harmonisch in den Kontext der Häuserzeile einbindet und als zeitgenössische Interpretation der hier vor 1944 vorhandenen Fachwerkhäuser gelesen werden kann. Andererseits führt die schiefwinklige Geometrie des Grundstücks stellenweise zu schwierigen Randausbildungen, und im Erdgeschoss erweisen sich die Lamellen schon nach wenigen Monaten als wenig resistent gegen mechanische Beschädigung durch Verkehr oder auch Vandalismus.
Was nichts daran ändert, dass dieses Haus ein vorbildliches Beispiel für selbstbewusstes und doch angemessenes zeitgenössisches Bauen in einer mittelalterlich geprägten Altstadtstruktur ist.
Standort: Neue Straße 85 Architekten: Schaudt Architekten, Konstanz Fertigstellung: August 2007
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