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Johanneum

Tübingen
Johanneum

~Rüdiger Krisch

Als der Autor dieser Zeilen vor einigen Jahren den überwucherten Park rund um das »Johanneum« erstmals betrat, war dessen Zustand geradezu märchenhaft. Nur ein ungelenker Anbau aus den 50er Jahren störte die Idylle rund um die stattliche, um 1900 für die Erben eines berühmten Chirurgen erbauten Villa. Unübersehbar waren allerdings ein erheblicher Sanierungsstau in Haus und Garten und der Widerspruch zwischen dem Typus Villa und der darin untergebrachten kleinteiligen Nutzung.
Seit fast 80 Jahren ist das Grundstück im Besitz der katholischen Kirche. Zur Sicherung der Bausubstanz und angemessenen Unterbringung der heutigen Nutzung als Büro- und Seminargebäude mit angeschlossenem Wohnheim lobte diese im Jahr 2009 einen Wettbewerb aus, dessen Ergebnis dann ab 2010 umgesetzt wurde. Das realisierte Projekt wertet die volumetrische Einfügung der neuen Gebäude und die Bildung eines harmonischen Ensembles mit der historischen Villa höher als die oberflächliche Funktionalität: Ein einzelner großer Baukörper wäre leichter organisierbar und wohl auch wirtschaftlicher gewesen, hätte aber die Körnung der Umgebung verletzt. So müssen die Nutzer – junge Anwärter auf kirchliche Berufe – zwar durchs Freie zwischen ihren Wohnungen, Büros und Seminarräumen hin- und hergehen, können sich dabei aber im zentralen Hof begegnen, aufhalten und den Ausblick genießen. Höhepunkt des Ensembles ist der kleinste Quader, der eine nüchtern, fast minimalistisch gestaltete Kapelle beherbergt. Sie steht nicht nur den Nutzern des »Jo«, sondern auch der Öffentlichkeit zur Verfügung und soll für einen Dialog zwischen den Bewohnern und der umgebenden Welt sorgen.

Die Präzision der großen Komposition findet sich wieder in den Details: Vom Dachrand über das Ziegelmauerwerk bis zur den Öffnungen darin – und in den Innenräumen von der Lichtführung über die Raumelemente bis hin zur Möblierung – zeugen jede Oberfläche und jeder Anschluss von gestalterischer Sorgfalt und Konsequenz. Leider erreicht gerade der zentrale Hof die sonst vorhandene Qualität nicht ganz – dort hätten weniger Versiegelung und mehr Textur der Aufenthaltsqualität zweifellos gut getan. Aber einen Vorteil haben auch die flächig verlegten Betonplatten: Im kommenden Sommer soll darauf ein Fußballturnier der Theologen stattfinden.


  • Standort: Brunsstraße 19, 72074 Tübingen

    Architekten: Patzner Architekten, Stuttgart
    Bauzeit: April 2011 bis September 2012
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