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Nationalparkzentrum Schwarzwald am Ruhestein, Sturm+Wartzeck

Ruhestein
Nationalparkzentrum Schwarzwald

~Christoph Gunßer

Rechtzeitig zum Wahljahr bekam der Umweltminister von Baden-Württemberg ein Herzensprojekt fertiggestellt: das Besucherzentrum des 2014 eingerichteten und zuvor gegen erhebliche, v. a. von der Holzwirtschaft getragene Widerstände durchgesetzten Nationalparks Schwarzwald.

2015 aus einem zweiphasigen Wettbewerb mit 160 Teilnehmenden hervorgegangen, spielt der Siegerentwurf des kleinen, holzbauerfahrenen Büros Sturm und Wartzeck aus Osthessen mit einem Wildnis-Thema: Totholzstapel gibt es viele im sich selbst überlassenen Wald, wie er die Passhöhe am Ruhestein umgibt. Tatsächlich wäre hier, in über 900 m Höhe mit viel Schnee und Nebel, ein institutioneller Gestus wie für so manches städtische Bildungs- oder Kulturgebäude wohl deplatziert.

Stattdessen paraphrasiert das 3 200 m² große Gebäude die Natur: 8 bis zu 65 m lange Riegel »lagern« am Waldrand, schieben sich übereinander und den Hang hinab. Diese scheinbar chaotische Form passt überraschend gut zur linearen Dauerausstellung »In den Wald eintauchen«, die ein Drittel des Gebäudes einnimmt und, von Röhre zu Röhre, eine Rampe hinabführt. Leider wurde sie ihrerseits völlig losgelöst vom Bauwerk konzipiert und versperrt die Ausblicke mit kindgerechten Simulationen und Monitoren.

Ansonsten wird in einer Art zurückhaltender Camouflage die Wildnis selbst inszeniert: Gleich im höhlenartigen, mit feiner Weißtanne bekleideten Foyer wähnt man sich halb im Wald. Und wer hinaus auf den zunächst versteckten, 60 m langen Skywalk tritt, erlebt die Natur hautnah. Ein etwas neckisch schräg stehender Turm trägt ihn und bietet aus 35 m Höhe weitere Ausblicke. Nur diese Landmarke bricht etwas mit dem Understatement und ist »instagrammable«. Ansonsten meidet das Haus zum Glück den Fun-Faktor und setzt ganz auf den Reiz der Räume und Perspektiven.

Die Collage mit ihren auskragenden Röhren ist konstruktiv anspruchsvoll (Tragwerksplanung: Schlaich Bergermann Partner, Stuttgart): Wie bei Brücken übernehmen nur wenige Punktfundamente die teilweise exzentrischen Lasten von 237 laufenden Metern Baubuche-Fachwerkträgern. 1 500 m³ heimisches Holz, darunter 6 000 m² Fichtenschindeln, wurden verbaut und werben für hölzerne Baukultur im Schwarzwald. Die etwa 50 cm dicken, heftig bewitterten Außenwände der Passivhauskonstruktion sind mit Alaska-Zeder bekleidet.

Auch wenn der Aufwand mit rund 35 Mio. Euro groß war – der Andrang wird es vermutlich auch sein; man rechnet mit 100 000 Besuchern jährlich.

Standort: Ruhestein, 72270 Baiersbronn
Architekten:
Sturm und Wartzeck, Dipperz; Baumeister Architekten, Stuttgart
Bauzeit:
2015 bis Oktober 2020, uneingeschränkter Betrieb: ab Juni 2021

https://www.nationalpark-schwarzwald.de/de/erleben/nationalparkzentrum/

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