~Stefan Rethfeld
Lange fristete es ein Schattendasein, ein 1964 in nüchternen Formen errichtetes, städtisches Parkhaus an der Stubengasse. Als jüngst die Stadt daran ging, das komplette Umfeld zu entwickeln, fand sich das Parkhaus plötzlich an einem neuen, vorgelagerten Platz wieder – einer Sonnenadresse mitten in Münster. Da das UG der Anlieferung eines benachbarten Großkaufhauses diente, schied sodann ein Komplettabriss aus. Das von der Stadt beauftragte Architekturbüro erkannte zunehmend die Chance einer Transformation.
Die Architekten interpretierten den Parkhausklotz zum neuen Stadtbaustein. Teile wurden entkernt, obere Geschosse zurückgebaut, eine Aufstockung und Umprogrammierung für fünf neue Nutzungen erfolgte: Möbelladen in EG und OG, Kiosk seitlich zur Gasse, Büros im Mezzanin, ein Fahrradparkhaus zum Platz. Wer das Haus heute besucht, dem bietet sich die größte Überraschung auf einem hochgelegenen Innenhof. Denn dieser erschließt nochmals acht Maissonette-Wohnungen, von denen jeweils vier sich mit großer Terrasse nach hinten wie nach vorne zum Platz zeigen: Goldene Folienvorhänge mit einer Höhe von 7,5 m sind hier wirkungsvoll angebracht, um vor Sonnenstrahlen und Blicken zu schützen. Die Mietwohnungen mit 160 bis 200 m² großen Wohnflächen (bei ehrgeizigen Monatskaltmieten ab 2 700 Euro) verfügen über große offene Grundrisse auf zumeist drei Ebenen mit vielfachen Sichtbeziehungen innerhalb des eigenen Wohnens wie auch hinaus in die Stadt. Die Architektur bietet hierbei eine Komposition der Kontraste: von leicht bis schwer, von massiv bis aufgelöst, von ruppig bis edel. Gerade bei Abendlicht kann das Bauwerk sein neues Innenleben zeigen, bringen doch die beleuchtete Möbelwelt unten und die private schemenhafte »obere Welt« hinter den goldenen Vorhängen das Haus zum Strahlen. Am anschaulichsten lässt sich die Vorgeschichte des Baus übrigens im Möbelgeschäft selbst erzählen. Von der Galerie aus sind noch die alten Kragarme der versetzten Parkhausrampen zu sehen.
Standort: Stubengasse 22–26, 48143 Münster Architekten: Fritzen + Müller-Giebeler Architekten, Ahlen-Vorhelm Baubeginn: Mai 2009 (Bezug: Mai bis Dezember 2010)
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Trockene Socken
