~Kai-Uwe Scholz
Aufgeräumt sieht er aus, der Jungfernstieg nach seiner Umgestaltung, zu der 2002 ein Ideenwettbewerb ausgelobt worden war. Der Gewinner, Hinnerk Wehberg, hat die Wasserkante der Binnenalster um acht Meter zurückverlegt und als einladende Freitreppe gestaltet, die Nahtstelle zwischen Stadt und Wasser von Barrieren befreit und so neu erlebbar gemacht.
Am Ostende des Boulevards wurde an der Stelle des alten Hapag-Lloyd-Pavillons aus den siebziger Jahren ein von André Poitiers entworfener Kubus errichtet, der auf zwei Ebenen wiederum dem Reiseunternehmen sowie einem Restaurant Raum bietet. Die dreidimensional wirkenden Muster der Glasfassade nehmen das in der Bauform umgesetzte Motiv eines Eiswürfels im Kleinen wieder auf.
Tatsächlich ist durch gestalterische Zurückhaltung und im formal gut gelösten Zusammenhang mit den ebenfalls von Poitiers stammenden U-Bahn-Zugängen auf der anderen Straßenseite ein Ensemble von hanseatischer Kühle entstanden, das man mit Recht als gelungen bezeichnen kann.
Der ein oder andere Teufel steckt aber im Detail. Die mittig gelagerte Tür zum Reisebüro versteckt sich geradezu in der gemusterten Außenhaut. Noch schwerer auszumachen: der seitliche Eingang zum Restaurant. Durch die Strukturen im Glas ist der Blick von drinnen nach draußen auf die Alster empfindlich gestört. Wie hübsch muss das Gebäude jedoch im Dunklen von draußen aussehen, tröstet man sich. Doch leider scheint nicht bedacht worden zu sein, dass dezentes Restaurantlicht allein nicht ausreicht, den gläsernen Kubus zum Leuchten zu bringen, dessen Gestalt und Gehalt in Szene zu setzen. So ist der Bau noch keineswegs als »Glanzlicht« an der Alster zu sehen, zu dem er bereits ausgerufen wurde. Nachbesserung tut not.
- Standort: Jungfernstieg, Hamburg
Architekt: André Poitiers, Hamburg
Fertigstellung: Mai 2006
db deutsche bauzeitung 12|2006