~Michael Kasiske
Konstruktiver Holzbau der Gegenwart hat nichts mehr mit Fachwerk gemein. Die aktuell gängigen Holzdecken und -wände werden wie Betonfertigteile verbaut. Um diese industriell hergestellten Elemente im städtischen Geschosswohnungsbau zu etablieren, gründeten vier Architekten das Institut für Urbanen Holzbau (IfuH). Der erste Prototyp der Forschungsarbeit »fertighauscity5+« wurde unlängst im Berliner Stadtteil Pankow bezogen. Die typische Baulückenschließung umfasst fünf Geschosse. In den beiden unteren bilden fünf, wie Reihenhäuser nebeneinanderliegende Maisonetten einen Sockel, der, wie auch die Brandwände und die Erschließungskerne, aufgrund der hohen Auflagen des Brandschutzes pragmatisch in Stahlbeton erstellt wurde. Auf diesem »Tisch« sind die übrigen Geschosse in Holz errichtet. Decken, Außen- und Innenwände sowie die tragende Konstruktion wurden vorgefertigt und ermöglichten dadurch neben der kurzen Bauzeit eine außergewöhnliche Präzision am Bau.
Für die 13 Mitglieder der Baugruppe ergaben sich aus den großen Tragweiten der Massivholzdecken willkommene Spielräume. Trennwände konnten ganz den individuellen Wünschen entsprechend gestellt werden, sodass die Bandbreite der Grundrisse von offen fließend bis zu räumlich getrennt reicht. Aufgrund des guten U-Werts von Holz wurden die Deckenplatten über die Fassade hinausgezogen, was bei den 2 m tiefen Balkonen auf der Gartenseite des Hauses überzeugt, bei dem schmalen Gang auf der Straßenseite aber aufgesetzt, weil im Fassadenbild fremd wirkt.
Die dunklen, dezent changierenden Fassadenplatten bestehen aus Faserzement. Dennoch wurde der Anspruch an einen erkennbar in Holz konstruierten Bau eingelöst. Nicht wegen des mit Lärche bekleideten Betonsockels, sondern weil innen die Untersichten der Brettsperrholzdecken und die Holzfußböden das Material im Sinne der Moderne unverhüllt zeigen. Gestalterisch noch ausbaufähig, zeigt sich der experimentelle Holzbau hier als ernst zu nehmende Alternative im verdichteten Wohnungsbau. Mit 2 222 Euro pro m² Wohnfläche übrigens auch eine erschwingliche.
- Standort: Görschstraße 48, 13187 Berlin
Architekten: IfuH Institut für urbanen Holzbau, Berlin, mit Atelier PK, roedig . schop architekten, Rozynski Sturm Architekten
Übergabe: November 2011
db deutsche bauzeitung 09|2012