~Cornelia Heller
Um das große innerstädtische Industrieareal der einstigen Bestehornfabrik und späteren VEB Optima vor dem Abriss zu retten, wurde die Idee geboren, ein Bildungszentrum zu etablieren – die IBA Stadtumbau 2010 bildete dafür den Rahmen. Die sowohl für ihren behutsamen Umgang mit vorhandener Bausubstanz als auch für ihren ganzheitlichen Ansatz im modernen Schulbau bekannten Architekten Lederer Ragnarsdóttir Oei gewannen den dafür von der Stadt 2005 europaweit ausgeschriebenen Realisierungswettbewerb. Ihr Konzept: das 1911 von Stadtbaurat Hans Heckner geplante und im Stadtraum als überproportioniert geltende Hauptgebäude zu erhalten und durch einen modernen Flügelneubau zu ergänzen. Durch diesen Anbau im rechten Winkel ist es gelungen, die monumentale Größe des »Heckner-Riesen« in das im Rahmen der Landesgartenschau landschaftlich gestaltete Areal des Campus‘ hineinzuziehen und so für den Betrachter gefälliger zu machen. Im Ergebnis einer aufwendigen und handwerklich beachtenswerten Sanierung wirkt der denkmalgeschützte Altbau jetzt überraschend hell und heiter, eine Stimmung, die der lange, kalkgeschlämmte Backsteinbau des neuen Flügels weiter trägt. Er vermittelt nahezu bruchfrei zwischen Alt und Neu. Dabei kann seine bewegte Dachlandschaft als Reminiszenz an die notwendigerweise abgerissenen kleineren Fabriknebengebäude gesehen werden. Hingucker am Giebel ist die vertikale Reihe geschwungener, »lächelnder« Balkone.
Die früher düsteren Fabriketagen, wo heute Sekundar- und Berufsschüler lernen, haben die Architekten für ein helles, etwas nüchternes Atrium geöffnet, das Licht in Flure und einen neu geschaffenen Eingangsbereich fluten lässt. Diese Helligkeit prägt auch den Neubau, der mit ausgesprochen expressiven Innenräumen nicht nur die Schüler der geplanten Kreativwerkstatt inspiriert: Der Maler Neo Rauch, der in Aschersleben aufgewachsen ist, plant, hier dauerhaft sein grafisches Werk auszustellen.
- Standort: Wilhelmstraße 21/22, 06449 Aschersleben
Architekten: Lederer + Ragnarsdóttir + Oei, Stuttgart
Eröffnung: April 2010
db deutsche bauzeitung 08|2010