~Simone Hübener
Viele Architekten lieben es, wenn der Fotograf die von ihnen entworfenen Gebäude in einem möglichst unbenutzten Zustand festhält.
Das kann, muss aber nicht zwangsläufig besser sein; als Beispiel nehme man das neue Kinderhaus »Im Weckholder« in Aichtal von Simon Freie Architekten, gut 20 km südlich von Stuttgart. Das Gebäude wirkt auf den Fotos kalt, fast schon steril, und evoziert die Frage, ob sich Kinder hier überhaupt wohlfühlen können. Vor Ort zeigt sich ein gänzlich anderes Bild: Die Kinder haben das Haus gemeinsam mit ihren Erzieherinnen mit viel buntem Leben gefüllt: angefangen bei den Garderoben mit den farbenfrohen Jacken und Schuhen über Kunstwerke der Kleinen in den Fluren und den fünf Gruppenräumen bis hin zu den Spiel- und Turngeräten. Diese Farbigkeit genügt vollkommen, und es ist richtig, dass sich der Bau selbst dezent zurücknimmt. Dieser Meinung ist übrigens auch die Leitung, die das pädagogische Konzept mitentwickelt hat.
Der Entwurf entstand im Rahmen eines Wettbewerbs im Jahr 2012. Da die Stadt die Kosten für die gewünschte Größe allerdings viel zu niedrig angesetzt hatte, wurde erst im Dezember 2014 mit dem Bau begonnen. Zum Start des Kindergartenjahrs 2016/17 war dann alles fertig.
Nach Norden hin zeigt sich die Kita relativ geschlossen, lediglich der Besprechungsraum für die Mitarbeiter, die Küche und der gemeinsame Speiseraum der älteren Kinder sind großflächig verglast. Drei Einschnitte im OG versorgen den Flurbereich mit Tageslicht und lassen kleine Balkone entstehen, auf denen die Kinder beispielsweise Kräuter ziehen können. Die Südseite des hellgrau verputzten Gebäudes ist durch einen breiten Umlauf in zwei horizontale Streifen gegliedert. Der Umlauf ist – analog zu den auskragenden Dachelementen, die als Sonnenschutz dienen – aus Sichtbeton gefertigt. Auf beiden Ebenen sind die Gruppenräume über die großflächigen Festverglasung und die mit Holz geschlossenen Öffnungsflügel eindeutig ablesbar. Die dazwischenliegenden kleinen Fenster markieren im EG die Ess- sowie die Schlafbereiche der Kleinen, darüber verschiedene Nebenbereiche für die Größeren.
Da die Wände der Gruppenräume, die zum Flur zeigen, ebenfalls vollverglast sind, strömt viel Tageslicht bis dorthin. So ist das neue Kinderhaus von innen wie von außen ein freundliches, helles Haus, in welchem niemand Angst vor Reizüberflutung zu haben braucht.
- Standort: Schwabstraße 38, 72613 Aichtal
Architekten: Simon Freie Architekten, Stuttgart
Bauzeit: Dezember 2014 bis März 2016, Inbetriebnahme: September 2016
db deutsche bauzeitung 05|2017