Die Gründe für den aktuellen Mangel an Wohnungen in Ballungsräumen und die horrende Mietpreissteigerung sind komplex und vielfältig. Ob der Rückzug staatlicher Institutionen aus dem Sozialen Wohnungsbau oder die Privatisierung riesiger Wohnungspakete der öffentlichen Hand, ob Bodenspekulation, Verschärfung von Bau-Normen oder zu geringe Dichten – all diese Faktoren sind allein durch politische Maßnahmen zu beeinflussen. Doch der Politik fehlt Mut, Interesse oder beides. Gleichzeitig hält sich immer noch die Mär von den mimosenhaften Architekten, deren überzogene Entwürfe für die gestiegenen Kosten verantwortlich seien. Eine Ansicht, die etwa unter den Politikern in Frankfurt a. M. weit verbreitet ist. So stellt sich die Frage, ob der vom Frankfurter Planungsdezernat, der städtischen Wohnungsgesellschaft ABG und dem Deutschen Architekturmuseum (DAM) ausgelobte, mehrstufige Wettbewerb dieser Mär neue Nahrung verschaffen wird. »Bezahlbarer Wohnungsbau« stand im Zentrum: 40 % der geplanten Fläche sollten als geförderter Wohnraum mit Mieten zwischen 5,50 und 10,50 Euro entstehen, die übrigen freifinanzierten Wohnungen zu preisgedämpften Mieten angeboten werden.
Eine Jury um DAM-Direktor Peter Schmal und Baukultur-Stiftungsvorstand Reiner Nagel hat nun neben einer Anerkennung für das Berliner Büro Praeger Richter vier Preisträger ausgewählt – seltsamerweise alle aus dem Ausland: Duplex Architekten aus Zürich, Lacaton & Vassal aus Paris, NL Architects aus Amsterdam sowie die Wiener Filiale des Frankfurter Büros schneider+schumacher. Nun sind das alles renommierte und im Wohnungsbau erfahrene Büros, offen bleibt freilich, ob die Standards aus den Heimatländern der ausgewählten Architekten sich so einfach auf die hiesigen übertragen lassen. Und ob sie mit dem starren, von vielen heimischen Architekten beklagten Korsett der ABG kompatibel sind. Man sei nun in der Phase der Kostenkontrolle angekommen, sagt Schmal. Zudem: »Der Weg zur Realisierung ist noch ein weiter.« Der ganzen Veranstaltung »Etikettenschwindel« zu attestieren, wie das prominente Frankfurter Architekten hinter vorgehaltener Hand tun, mag zu weit gehen. Weder DAM noch Stiftung Baukultur dürfen und sollen Lobbyisten für freie Architekten sein. Aber man darf und soll von beiden Institutionen erwarten, dass sie die Bedingungen, unter denen Architektur hierzulande stattfindet, reflektieren und in ihr Verhalten einbeziehen.
Die Ausstellung mit den ausgewählten Arbeiten und begleitendem Katalog ist
ab 13. April im Deutschen Architekturmuseum (DAM) zu sehen: Wohnen für Alle »