Diskurs
Überflüssiger Brückenschlag
~Karl J. Habermann
Der Teilnehmerwettbewerb für den Klenzesteg über die Isar in München, mit wohlbekannten Koryphäen im Boot, ist entschieden. Die einhellige und vordergründig positive Beurteilung der beiden 1. Preise durch die Jury stellt sich bei näherer Betrachtung schnell als höchst problematisch heraus. Am Vorschlag von HOE Architekten/SBP Schlaich Bergermann & Partner [3] moniert die Jury dann doch Stützenausbildung und Stützenstellung sowie den Eingriff in den Freibord. Eine entsprechende Korrektur würde wohl zu einer wesentlich veränderten Optik, d. h. zu einem neuen Brückenentwurf führen. Die beim zweiten 1. Preis [4] hervorgehobene »skulpturale Einheit« wird wegen ihrer mächtigen Stauwirkung einer hydraulischen Überprüfung im Hochwasserfall wohl kaum standhalten, von den auch juryseitig bereits erahnten Kosten für den überdurchschnittlich hohen Materialeinsatz ganz zu schweigen. Wären unter den Lösungsvorschlägen der engeren Wahl nicht bessere Vorschläge zu finden gewesen? Eindeutig: Ja.
So fällt das Team Marcel Meili/Jürg Conzett, das die Isar mit einer eleganten, konstruktiv bis ins Detail ausgearbeiteten und statisch nachgewiesenen Bogenbrücke [5] überspannt, aus den Preisgeldern und muss sich zudem mit dem Urteil der Jury zurechtfinden: »Die (…) prägenden Bögen orientieren sich an den historischen Münchner Vorbildern. Ob dies im Zusammenhang mit den benachbarten denkmalgeschützten Brücken der richtige Ansatz ist, muss in Frage gestellt werden.« Mehr Glück hatte das Team Adam Architekten/Grad Ingenieurplanungen. Es gab noch etwas Geld für die schlanke, innovative Brücke in Holz-Stahlbetonverbundbauweise [6] und verhaltenes Lob: »Die gewählte filigrane Konstruktion schränkt Sichtbeziehungen kaum ein und fügt sich ohne Weiteres als zeitgemäße und (…) angemessene Konstruktion in das Stadtbild ein.«
Nun stellt sich allerdings noch die Frage nach der Notwendigkeit einer zusätzlichen Brücke für Fußgänger und Radfahrer an der vorgesehenen Stelle. Die aufwendige »Renaturierung« der Isar ist kaum abgeschlossen und nun soll ausgerechnet an der breitesten Stelle der großzügige Flussraum in zwei Abschnitte zerteilt werden. Es gibt auch keine wichtigen Ziele im jeweiligen Stadtviertel, die über den Steg direkt verbunden werden müssten, die bestehenden Brücken sind nah genug und völlig ausreichend. Fazit: Man kann nur hoffen, dass vernunftbasierte Argumente und neue Prioritäten im Stadthaushalt die Realisierung auf unbestimmte Zeit verschieben.
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