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Heinz Hossdorf (1925-2006)

Diskurs
Heinz Hossdorf (1925-2006)

Heinz Hossdorf (1925-2006)

Heinz Hossdorf (siehe db 12/03) war einer der bedeutendsten Ingenieure des letzten Jahrhunderts – ein geradliniger Denker und ein großer Einzelgänger. Aufgewachsen in Basel gründet er dort 1953 sein eigenes Ingenieurbüro. Von Beginn an entwirft er Tragwerke mit ausgesprochen räumlichem Charakter. Seine komplexen Entwürfe erfordern ein eigenes Modellbaulaboratorium, das er 1955 einrichtet. Im selben Jahr entscheidet sich auch Heinz Isler zum Aufbau eines solchen Laboratoriums. Beide Schweizer Ingenieure werden Pioniere des Schalenbaus in Beton und Kunststoff. Hossdorfs Goldzackwerke in Gosau (1955, Arch. Danzeisen und Voser), der Lesesaal der Universitätsbibliothek in Basel (1968, Arch. Otto Senn) oder das Hängedach des Stadttheaters Basel (1976, Arch. Schwarz und Gutman) sind Meisterwerke des Schalenbaus. Als einer der ersten Ingenieure wendet Hossdorf die Vorspanntechnik an. Sein Entwurf für den Pavillon »Les Echanges« für die Schweizer Landesausstellung Expo´64 in Lausanne, eine poetische Schirmkonstruktion mit 18 m Spannweite aus nur 3 mm vorgespanntem Glasfaserpolyester, gerät zum größten Abenteuer seines Ingenieurlebens. Voller Eleganz, Leichtigkeit und Angemessenheit vereint diese Konstruktion alles, was Hossdorf wichtig war. Die Selbstverständlichkeit seiner Bauten beruht auf seiner Herangehensweise: »Was mich nicht berührt hat, das sind die ästhetischen Aspekte. Es ging mir nie darum, etwas schön zu machen, es war immer eine Mischung davon, dass es auch richtig ist, dass es herstellbar ist, dass es so einfach und überzeugend wie möglich sein sollte.« Wohl gerade aus diesem Grunde sind seine Bauten von großer ästhetischer Wirkung. Seine Hingabe an neue Aufgaben war so groß wie sein Unabhängigkeitsbedürfnis. Einen Ruf an die TU Berlin 1965 lehnte er ab. 1974 trennte sich Hossdorf von seinem Ingenieurbüro, um den Kopf für die Entwicklung eines CAD-Programms frei zu haben. Weil ihm die zweidimensionale Software anderer Kollegen nicht umfassend genug erschien, erarbeitete er zwischen 1978 und 1983 mit einem Team ein revolutionäres 3D-Programm. Was heute von jedem Ingenieur verwendet wird, war damals eine Sensation. Wie schade, doch wie bezeichnend für Hossdorf, dass er diese Kulturrevolution als Unabhängiger bestehen wollte und sich nicht an eine der großen Computerfirmen binden wollte. Seine langjährigen Unternehmungen waren so nicht von Erfolg gekrönt. Und trotzdem widmete Hossdorf auch die letzten Jahre seines Lebens diesem Problem: der eindeutigen Abbildung der Wirklichkeit durch das Modell. Im Alter glich sein Aussehen dem des alten Franz Liszt: die weißen, fliegenden Haare, das große, einprägsame Gesicht, die stets wachen Augen. Dazu ein herrliches, dröhnendes und schalkhaftes Lachen. Ein Genius – unverkennbar. Am 10. Juni ist Heinz Hossdorf in Madrid gestorben.
~Elke Genze

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