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Hamburg und die Bebauung des Domplatzes

Diskurs
Hamburg und die Bebauung des Domplatzes

… »es geht voran« – dieser Musiktitel aus längst vergangenen Zeiten beschreibt die heutige Hamburger Gemütsverfassung derart treffend, als wäre er die aktuelle Lokalhymne. Denn im Sog der Hafencity-Euphorie scheint die Stadt vor allem ein Ziel zu haben: schnell, viel und spektakulär zu bauen. Davon zeugt auch die derzeitige Posse um die Bebauung des Domplatzes, der Keimzelle der Stadt. Hier standen nacheinander Hammaburg, Mariendom und die Gelehrtenschule Johanneum, seit deren Zerstörung 1943 der Platz eine Brachfläche ist. Anfang 2005 schrieb die Stadt einen begrenzten Wettbewerb zur Bebauung des Areals aus. Herzstück sollte eine Bibliothek sein, denn schon lange galt einzig eine dem Gemeinwohl dienende Einrichtung als dem Ort angemessen. Außerdem mussten ein Archäologiezentrum, Bürgerschaftsbüros, Sitzungsräume, Geschäfte und Wohnungen Platz finden. Der siegreiche Entwurf von Auer + Weber (siehe db 1/06, S. 9) – ein siebenstöckiges Gebäude mit polymorpher Glasfassade, ein großer und entschieden moderner Solitär inmitten verklinkerter Kontorhäuser. Nachdem lokale Architekten und Politiker bereits ihr Missfallen geäußert hatten, sprachen sich Anfang Juni bei einer Expertenanhörung unter anderem der ehemalige Oberbaudirektor Egbert Kossak, der »Zeit«-Architekturkritiker Hanno Rauterberg und der Architekturhistoriker Hermann Hipp gegen den Entwurf aus. Kritisiert wurde vor allem das Bauvolumen, aber auch die »Belanglosigkeit« (Hipp) der Glasplastik. Vorläufiger Höhepunkt der Debatte war eine Intervention Helmut Schmidts in der »Zeit«. Mag die Forderung des Altkanzlers nach Klinkerfassaden altbacken und populistisch erscheinen, so liegt seine Kritik des mangelnden Bezugs zu Ort und Funktion auf einer Linie mit der Fachöffentlichkeit. Erstaunlicherweise fand ein anderer Aspekt bisher allerdings wenig Beachtung: Nach dem derzeitigen Finanzierungsmodell kann das Volksbildungshaus nach 20 Jahren in simple Büros umgewandelt werden. Eine Konzession an den privaten Investor, die der intendierten, Gemeinwohl orientierten Nutzung Hohn spricht. Allerdings hat die Bibliothek ohnehin gerade einen hervorragenden neuen Standort erhalten. Angesichts so vieler Denkfehler kann auch die Ende Juni beschlossene Verkleinerung des Gebäudes nicht zufrieden stellen. Deshalb sollte man im Planungstrubel wenigstens einen Einwand des Altkanzlers beherzigen: »Die Bebauung des Domplatzes steht nicht unter Zeitdruck.«
~Lars Quadejacob

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