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Fujimoto: E=mc2

Diskurs
Fujimoto: E=mc2

~Jay Merrick

Sou Foujimoto, Entwerfer des diesjährigen Serpentine Pavilion in London, sagt über sich: »Mein Begriff von Raum hat sich in der Oberschule durch die Beschäftigung mit Einstein entwickelt, nicht im Architekturstudium.« Folglich zelebriert Fujimotos Gebilde im Hyde Park Architektur als Ausdruck von Zeit und Raum mit einer komplexen Abfolge weißer Gitter. 28 km dünner Metallrohre wurden in 27 000 Abschnitte geteilt und an 10 000 Stellen zusammengefügt. Den Pavillon zu betrachten oder zu durchschreiten, ist wie Heidegger zu lesen: Gerade wenn man glaubt, seine Bedeutung zu erfassen, verflüchtigt sie sich.
Diese Architektur lässt sich nicht auf die übliche Weise – formal, räumlich oder vom Material her – betrachten. Sie ist eher eine Erforschung von Einsteinschem Dualismus: ein Netz festgelegter Punkte in Zeit und Raum, überlagert von noch viel subtileren Andeutungen über die Bewegung von Zeit und Raum.
Man kann den Pavillon sehen und berühren, doch die wechselnden Perspektiven und die unterschiedliche Dichte des Gitters machen ihn mysteriös; wechselt man den Standort, ist das Erlebnis ein völlig anderes. Fujimoto ersetzt das Dach durch horizontale Cluster dünner, transparenter Kunststoffscheiben, die im Lufthauch zittern, nahezu unsichtbar.
Dieser Beitrag ist der ätherischste seit dem Pavillon von SANAA (s. db 9/2009, S. 7), eine exquisite, superdünne Amöbe aus hochpoliertem Edelstahl. SANAA delektieren sich am leeren Raum; Fujimotos Pavillon verleiht dem Raum eine präzise, aber extrem filigrane Körperlichkeit; das Gebilde wirkt fertig und unfertig zugleich.
Wir können ihn auch als Metapher für die Verschmelzung von natürlicher und künstlicher Geometrie sehen, die Essenz von Fujimotos Architektur: So beschreibt er etwa seine Heimatstadt auf dem Land und Tokio als seine gegensätzlichen »archetypischen Szenerien« – Natur plus dienende Präzision.
Er ist überzeugt, dass Uneindeutigkeit fruchtbar für den Entwurf ist. Seine Zeichnungen bestehen tendenziell eher aus vagen, lockeren Strichen, denn er schätzt es, wenn sich Architektur langsam entwickelt. Der Einsatz von Rastern und Gittern mag seltsam erscheinen, doch er verteidigt sie als primitve und zugleich klare Formen der Ordnung.
Noch eine weitere Dimension enthält Fujimotos Pavillon: die komplexen Bewegungen der Besucher und die Blicke durch die Gitter auf Bäume und Landschaft. Es gibt kein eindeutiges Gefühl von außen oder innen. Fujimoto hat hier eine zauberhafte Zeit-Raum-Maschine geschaffen, in der sich wunderbar träumen lässt – noch bis zum 20. Oktober.
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