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Erinnerungsarbeit

Die »Topographie des Terrors« soll endlich Gestalt finden
Erinnerungsarbeit

Noch in den Jahren 1946 bis 1956 sind die ruinösen, aber wiederaufbaufähigen Gebäude des Gestapogeländes an der Berliner Prinz-Albrecht-Straße abgeräumt worden – wohl auf Betreiben der Alliierten. Niemand scheint es so richtig zu wissen. Doch erst 1980 war die Zeit des Erinnerns gekommen. Gedenktafeln wurden am »Topographie des Terrors« genannten Ort aufgestellt, ein Gestaltungswettbewerb ausgelobt (das Ergebnis aber vom regierenden Bürgermeister zurückgehalten), nochmals geplant, geforscht und neuerlich ausgelobt. 1993 dann der hoch gelobte Entwurf Peter Zumthors für ein Gebäude, das in die Annalen der Baugeschichte einzugehen versprach. Viele trauern diesem Entwurf noch heute nach, beklagen, dass es nicht gelungen sei, diese Architektur zu verwirklichen und zeihen die Verantwortlichen der Ignoranz und des Kleinmuts. Aus der Nähe betrachtet, stellt sich die Sache freilich anders dar und das Aufatmen ist verständlich, dass der für den eigentlichen Zweck unbrauchbare Entwurf vom Tisch ist, dass man den bockigen, kompromissunfähigen Baumeister hinauskomplimentieren konnte und dass das finanzielle Desaster vermieden wurde.

Nun will man die Querelen möglichst rasch vergessen und alles besser machen. Mit dem Kostendeckeln wurde bereits bei der neuerlichen Ausschreibung begonnen. Zwanzig Millionen darf es kosten, und diesmal keinen Cent mehr. Aber auch gestalterische Paradigmen wurden gewechselt. Neben Jüdischem Museum und Holocaustmahnmal sollte kein weiteres architektonisches Ausrufezeichen entstehen. Ge- fragt war also eine schlichte, pragmatische Lösung, am besten, so dachten viele insgeheim, ohne Beteiligung eines internationalen Toparchitekten.
Aufgabe war einerseits die Gestaltung des 30 000 m² großen Geländes der »Topographie des Terrors« mit einer Ausstellung im Außenbereich, einschließlich der Ausgrabungen, andererseits der Entwurf eines Gebäudes für Ausstellungen und begleitende wissenschaftliche Arbeiten mit einer Nutzfläche von 3400 m². Aus diesem Grund waren Arbeitsgemeinschaften aus Architekten und Landschaftsarchitekten zur Teilnahme am zweiphasigen Wettbewerb aufgefordert. 309 Teams folgten der Auslobung, 23 wurden zur zweiten Phase geladen. Zum Sieger erkoren wurde kein Stararchitekt, sondern Ursula Wilms aus dem Berliner Büro Heinle Wischer und Partner, die ihren Entwurf gemeinsam mit dem Aachener Landschaftsarchitekten Heinz W. Hallmann eingereicht hatte: ein flacher, schwebender Bau aus Boden- und Deckplatte mit zwischengespannten Streckmetallblenden, hinter die die geschosshohe Glaswand zurücktritt – im Inneren ein großzügiger, für Ausstellungen idealer Raum. Die Belichtung der Arbeitsräume für Wissenschaftler und Seminare im Untergeschoss über ein zentrales Atrium hat die Jury nicht überzeugt, kein geringer Mangel für einen preisgekrönten Entwurf, der auch nicht so leicht zu beheben sein wird.
Ein »Lernort mit angemessener Würde« (Stiftungsdirektor Andreas Nachama) werde entstehen, mit Rundweg durch die ausge- grabenen Kellerrelikte und über das Gelände mit »steppenartigem Charakter«. Erinnerungsarbeit wird hier geleistet werden, anders als bei Eisenmans zur überlaufenen Attraktion gewordenen Holocaustmahnmal.
Anfang März werden alle eingereichten Arbeiten im benachbarten Gropiusbau zu sehen sein, mit dem Zweitplatzierten Ramsi Kusus mit Frank Kiessling (Landschaftsarchitekt), Berlin, und den beiden viertplatzierten Teams Hadrys Liebe mit Herrburg Landschaftsarchitekten, Berlin, sowie Raumfeld Architekten, Dirk Friedrich Sehmsdorf, mit K1 Landschaftsarchitektur Axel Klapka, Berlin. Ankäufe gingen an Volker Staab, Axel Schultes/Charlotte Frank, Axel Moers sowie Busmann + Haberer. Falk Jaeger
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