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Anne Katrin Bohle zur Staatssekretärin Stadtentwicklung, Wohnen und Bauwesen ernannt

Der Bund setzt voll auf Frauenpower
Der Bund setzt voll auf Frauenpower

Der Bund setzt voll auf Frauenpower
Nachdem Heimatminister Seehofer für die Männerführungsriege in seinem Ministerium heftig gescholten worden war, schafft er nach und nach Abhilfe. V. a. in dem von ihm eher nebenbei geführten Bauressort ist nun Frauenpower angesagt.

~Falk Jaeger

Während Petra Wesseler das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung BBR in Fahrt gebracht hat, folgte kürzlich Christine Hammann als Abteilungsleiterin Bauwesen, Bauwirtschaft und Bundesbauten im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat auf Monika Thomas, die wiederum in die Abteilung Stadtentwicklung, Wohnen und öffentliches Baurecht wechselte. Und am 25. März erhielt Anne Katrin Bohle ihre Ernennungsurkunde als beamtete Staatssekretärin für das Ressort Stadtentwicklung, Wohnen und Bauwesen.

Sie folgt auf Gunther Adler, der im Zusammenhang mit dem Skandal um den damaligen Verfassungsschutz-Präsidenten Maaßen in einer kopflosen Reaktion Seehofers, aber auch der Koalitionäre, kurzzeitig entlassen worden war und nach einhelligem Protest von Bauwirtschaft und Fachöffentlichkeit wieder ins Amt geholt werden musste (s. Kommentar db 11/2018). Aufgrund der breiten Unterstützung ging Adler kaum beschädigt aus der Angelegenheit heraus, doch das Tischtuch war offenbar zerschnitten. Er schied auf eigenen Wunsch aus und wechselte auf den Posten des Personalchefs der 2017 gegründeten Autobahn GmbH des Bundes, die ab 2021 Bau und Betrieb der Bundesfernstraßen von den Ländern übernehmen wird.

Auf den SPD-Mann Adler, dessen Sachverstand allseits geschätzt wurde, folgt nun die parteilose Anne Katrin Bohle, die von ihrem Werdegang her zweifellos eine ebenso ausgewiesene Fachfrau ist. 1961 in Recklinghausen geboren, gelernte Volljuristin und Rechtsanwältin, stieg die nüchterne Westfälin, die sich als »klassische preußische Beamtin« versteht, 2005 als Leiterin des Bauministerbüros in NRW in das Bauwesen ein, wurde 2009 Abteilungsleiterin Stadtentwicklung und Denkmalpflege und ist darüber hinaus seit 2010 Vorsitzende des Ausschusses für Bauen, Stadtentwicklung und Wohnen der Bauministerkonferenz.

Was hat Minister Seehofer ihr in die Agenda geschrieben? »Wohnungsbau«, so die lapidare Antwort. Wer seine Führung des Bauministeriums verfolgt hat, wird nicht überrascht sein. Die Wohnungsfrage hat politisches Gewicht, und nur was politisch Relevanz hat, interessiert den CSU-Chef wirklich. Über so komplexe und deshalb unpopuläre Angelegenheiten wie Stadtentwicklung, Raumordnung, Baurecht, Baukultur äußert er sich auf Anfrage, aber Interesse und Gestaltungswillen diesbezüglich sind nicht zu spüren.

Das bleibt alles bei seiner Staatssekretärin hängen, die freilich ihre Expertise in die Waagschale zu werfen versteht. Zwar sieht auch sie den Wohnungsbau als Hauptaufgabe, die Rechtssicherheit von Mietspiegeln, die Forcierung des Instruments Konzeptvergabe bei Grundstücken der Öffentlichen Hand und insgesamt die Stärkung des sozialen Wohnungsbaus. Doch ihre Programmatik ist umfassender.

Bohles politisches Verhalten verrät die Routine langjährigen Agierens auf ministerialer Ebene. Zum aktuellen Thema Enteignung privater Wohnungsgesellschaften hat sie »eine private Meinung«, aber eine explizite Position zu dieser Frage, die ja »aus der Mitte der Gesellschaft« komme, formuliert sie nicht. Immerhin so viel: durch Veräußerung von Wohnungen von wem an wen auch immer würden keine Wohnungen zusätzlich gebaut.

Vielleicht gelingt es ihr mit ihrem Hintergrund als langjährige Vorsitzende des Bauausschusses der Länderbauminister, auf dem steinigen Weg der Homogenisierung der Landesbauordnungen voranzukommen. Sie äußert sich optimistisch, schließlich hätten sich die Bauminister mit 16 : 0 für die Angleichung der Landesbauordnungen an die Musterbauordnung ausgesprochen.

In diesem Rahmen wird man sich auch von ihr wünschen, dass sie sich für bundesweit gültige bauordnungsrechtliche Regelungen für das Bauen mit Holz einsetzt. Holzbauweisen sind stark im Kommen, Holzbau ist angesichts der Klimadiskussion das Gebot der Stunde – aber auch weil zunehmend der Sand für den Beton knapp wird. Holzbau wird, weil vorfabriziert und auf Bausystemen fußend, länderübergreifend und gar international betrieben und bedarf deshalb der umfassend gültigen Normen und Regelungen.

Anne Katrin Bohle, die aus einer starken Länderbauverwaltung kommt, weiß, wie vorzugehen ist. Die Hoffnungen richten sich darauf, dass es ihr gelingen möge, als Moderatorin im Diskurs zwischen den ihre Zuständigkeiten fürs Bauen eifersüchtig verteidigenden Ländern und dem in Sachen Baupolitik ziemlich zahnlosen Bund die partikularen und die allgemeinen Interessen zusammenzuführen. Nur mit der Zuschussgießkanne des Bundes ist da nicht viel auszurichten. Die Erwartungen sind groß an die Staatssekretärin, die im Grunde genommen die Funktion der Bundesbauministerin auszufüllen hat.

Vielleicht kommt es ja zur neuerlichen Installation eines eigenständigen Bauministeriums bei der nächsten Regierungsbildung.


Lesen Sie hierzu auch den Kommentar:
»Findelkind Bauministerium«,
der ein starkes, eigenständiges Bauministerium fordert – denn Bauen, Wohnen, Stadt- und Infrastrukturplanung sind immer dringlicher geworden und dabei gleichzeitig immer schwächer besetzt und vertreten gewesen.



zum Lebenslauf von Anne Katrin Bohle
auf der Seite des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat »


Der Autor lebt als Publizist und freier Architekturkritiker in Berlin.


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