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Bericht von der documenta 14

Diskurs
Bürden dieser Welt

~Hartmut Möller

Es ist documenta-Zeit! Die 14. Auflage präsentiert sich 2017 an zwei gleichberechtigten Austragungsorten. Adam Szymczyk und sein Kuratorenteam hatten die erste Hälfte nach Athen exportiert: eine Reminiszenz an den Ursprung der westlichen Zivilisation und, ganz im Geiste Europas, als Auseinandersetzung beider Länder auf Augenhöhe. In Griechenland war am 16. Juli Schluss, in Kassel endet das Spektakel am 17. September. Verbindungen gibt es reichlich, denn die rund 150 kreativen Köpfe waren aufgerufen, beide Stationen zu bespielen. Passenderweise steht am Friedrichsplatz, also im Herzen des Geschehens, ein dem Parthenon nachempfundener, bereits zur Ikone avancierter Büchertempel im Maßstab 1:1 [7]. Marta Minujín hat dessen Gerüststruktur mit weltweit zensierter Literatur versehen. Nur einige Schritte weiter stapelt Hiwa K Kanalisationsrohre zu Wohnkapseln – während seiner Flucht aus dem Irak dienten ihm solche als Behausung. Selbiges Thema spiegelt sich auch in der anliegenden documenta-Halle wider, beispielsweise in den von Guillermo Galindos zu Instrumenten umgebauten, zersplitterten Flüchtlingsbooten oder in Miriam Cahns Schreckensbildern, die gleichsam bedrohlich wie empathisch wirken. Die Neue Galerie zeigt vermeintliche Nazis und Raubkunst sowie Arbeiten von Ahnen des berüchtigten Gemäldehorters Cornelius Gurlitt. Auch weitere Institutionen, wie Landes-, Stadt oder Naturkundemuseum, Grimmwelt, Palais Bellevue, Universität, Kunsthochschule, Ballhaus und etliche Kinos werden zur Bühne des Großereignisses; schade, dass die Karlsaue diesmal eine völlig untergeordnete Rolle spielt. 35 Anlaufpunkte sind es insgesamt – einige davon lassen sich, wie die von Ibrahim Mahama in Jutesäcke gehüllte Torwache, Olu Oguibes Beton-Obelisk auf dem Königsplatz oder die Glas-Pavillons an der Kurt-Schumacher-Straße im Vorbeigehen begutachten. Die spannendsten Innenräume, da üblicherweise unzugänglich und ziemlich roh belassen, bieten hingegen der Geister-U-Bahnhof unterm Hauptbahnhof [8] mit der Installation/Performance »Drawing a Line through Landscape« von Nikhil Chopra und die brutalistische Neue Hauptpost. Frohsinn sollte man beim Betrachten der meisten Werke übrigens nicht erwarten, wenn internationale Künstler die Missstände dieser Welt thematisieren. Eine regelrechte Wohltat ist dafür die ins Fridericianum ausgelagerte Sammlung zeitgenössischer Kunst des EMST, die in Athen aus Geldnot bislang gar nicht gezeigt werden konnte. Dem nimmermüden Architekturenthusiasten sei zum Abschluss die Einraumgalerie KAZimKUBA ans Herz gelegt, die parallel zur Weltkunstschau 26 renommierte Planer über Europa reflektieren lässt.

www.documenta.de

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