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Sanieren und Verstärken von Betonbauteilen mit CFK-Lamellen

Im Verborgenen
Sanieren und Verstärken von Betonbauteilen mit CFK-Lamellen

Für die Betoninstandsetzung und zur Verstärkung von Betonbauteilen haben sich faserverstärkte Kunststoffe wie Kohlefaser-Lamellen (CFK = carbonfaserverstärkter Kunststoff) etabliert und bewährt. Häufig stellen sie sowohl wirtschaftlich als auch ästhetisch die überzeugendste Lösung dar.

Text: Florian Eberth/~dr

Für die nachträgliche Verstärkung von Betonbauteilen gibt es verschiedene Gründe: sei es die Umnutzung eines Gebäudes mit sich ändernden Nutzlasten, eine Aufstockung oder auch nur die Änderung einer Norm, etwa der Schneelastnorm. Auch Fehler bei der Bemessung oder Ausführung können zu einem Defizit in der Bewehrung führen. So unterschiedlich die Gründe für eine statische Verstärkung sein können, so unterschiedlich sind die verfügbaren Techniken. Zum einen kann mit einer Ortbetonschicht die statische Höhe der Zugbewehrung erhöht werden, zum anderen mit Spritzbeton in der Zugzone zusätzliche Stahlbewehrung eingearbeitet werden. Diese beiden Varianten haben einige Nachteile: reduzierte lichte Raumhöhe oder größeres Eigengewicht des Bauteils, das wiederum eine noch höhere Verstärkung bedingt. Eine weitere Möglichkeit, nämlich zusätzliche Unterzüge oder Stützen aus Stahl, gehen ebenfalls zulasten der lichten Raumhöhe bzw. der Flexibilität in der Nutzung der Fläche. Auch in Logistik, Baustelleneinrichtung und Montage sind diese Lösungen i. d. R. mit hohem Aufwand verbunden – beispielsweise müssen oft erst bestehende Leitungen entfernt werden, außerdem wird für die Lagerung des Stahls viel Fläche benötigt.
Aus diesem Grund haben sich FRP-Systeme (FRP = fiber reinforced polymers), darunter CFK-Lamellen etabliert. CFK-Lamellen sind zwischen 1 und 3 mm dick und werden mit einem Epoxidharzklebstoff auf das zu verstärkende Bauteil geklebt. Beides zusammen trägt letztlich ca. 3 mm auf und kann somit unter einem Putz oder einer Deckenbekleidung verschwinden. Nach der Untergrundvorbereitung wird die Lamelle samt Klebstoff von Hand an das Bauteil gedrückt und diese ausgerichtet. Der Transport der Lamelle ist einfach und die Montage kann z. T. bei laufendem Betrieb sowie bei am Bauteil verbleibenden Installationen erfolgen.
Erster Schritt: Die Beteiligten zusammenbringen
Um beim Bauen im Bestand einen reibungslosen Ablauf bzw. wirtschaftliche und übersichtliche Bemessung sowie Ausführung zu gewährleisten, ist es wichtig, die Bauteile mit ihren Eigenschaften zu kennen. Liegen Bestandsstatik und Bewehrungspläne usw. vor, so können diese Angaben zur Bemessung herangezogen werden. Ansonsten können zunächst Annahmen zu Bestandsstatik, Betongüte oder Bewehrung getroffen werden, doch spätestens bevor das Bauteil tatsächlich umgebaut oder verstärkt wird, müssen diese durch Untersuchungen verifiziert werden. Weiterhin muss eine sogenannte Nachrechnung unter den zukünftigen Bedingungen erfolgen, um zu untersuchen, ob eine Verstärkung überhaupt notwendig ist.
Geklärt werden müssen beispielsweise folgende Fragen: Wurde die Bewehrung gemäß der Bewehrungspläne eingelegt, wie verhält es sich mit der Betondeckung, welche Haftzugfestigkeit wird erreicht, wie wurde die Bewehrung über die Stützen geführt bzw. an den Auflagern verankert? Im besten Fall sind diese Punkte schon vor der Nachrechnung geklärt – das bedeutet aber auch, dass der Bauherr bereits investieren muss, bevor er weiß, was auf ihn zukommt. Hier allerdings zu sparen, bedeutet, sich auf ein nicht unerhebliches Risiko von Nachträgen und Verzögerungen im Bauablauf einzulassen.
Genauso wichtig wie eine Bauteiluntersuchung im Vorfeld ist, dass alle Beteiligten – vom Bauherrn und Architekten über den Planer und Verarbeiter bis hin zum Prüfingenieur – dieselbe »Sprache sprechen«. Ganz besonders gilt das, wenn das Bauteil nach aktuellen Normen und Richtlinien nicht nachweisbar oder wenn die Situation vor Ort unübersichtlich ist: Positionspläne stimmen nicht mit dem Gebauten überein, die Bewehrung in anderen Bauteilen ist unbekannt, der Brandschutz kann nicht eingehalten werden, es sind bereits breitere Biegerisse bzw. Schubrisse vorhanden usw. Hier ist es wichtig, vor der Bemessung der Verstärkung – am besten während oder nach einer Vordimensionierung – gemeinsam ein Konzept zu erstellen. Dazu sollte auch der Prüfingenieur frühzeitig beteiligt werden. Bewegt man sich in Grauzonen der Normung bzw. Zulassungen, kann man gemeinsam argumentativ Lösungen finden. Können Zulassungen oder Normen aber z. B. aus konstruktiven Gründen am Bauteil gar nicht eingehalten werden, müssen zusammen ingenieurmäßig sinnvolle Lösungen erarbeitet werden, die von allen Seiten vertretbar sind.
Verfügbare Systeme
Kommt man bei der Nachrechnung des Bauteils zu dem Ergebnis, dass die Stahlbewehrung unzureichend ist, kann eine Verstärkung mit CFK-Lamellen infrage kommen. Zusätzlich benötigt man Parameter wie vorhandene Bewehrung, Stahlgüte und Betonquerschnitt. Anschließend wird iterativ bestimmt, welche Dehnung und damit Zugkraft auf Stahlbewehrung bzw. CFK-Lamelle entfällt. Daraus wird der erforderliche CFK-Querschnitt ermittelt. Wichtig ist dabei auch, die Grundprinzipien der verschiedenen Lamellenarten zu kennen.
  • Bei aufgeklebten CFK-Lamellen unterscheidet sich das Verbundverhalten grundlegend von dem eines einbetonierten Bewehrungsstahls. Die Zugkraft der Lamelle kann nicht vollständig verankert werden. Eine 10 cm breite Lamelle kann rechnerisch mit einer Zugkraft bis zu ca. 250 kN belastet werden. Tatsächlich verankert werden können jedoch nur ca. 20-25 kN, darüber reißt die Lamelle mitsamt dem oberflächennahen Beton ab. Zu dieser max. Verbundbruchkraft gehört eine max. Verankerungslänge von 25-30 cm, ab der sich die Verbundbruchkraft nicht mehr erhöht.
  • Eine wirtschaftliche Verstärkung ist daher in erster Linie bei Biegebauteilen möglich. Hier ist die Belastung in Feldmitte am größten, sodass die Lamellen im Idealfall voll ausgenutzt werden. In der Nähe des Auflagers ist die Lamellenzugkraft dagegen i.d.R. so klein, dass eine Verankerung der verbleibenden Kraft möglich ist. Aus diesem Grund werden die Lamellen nicht nur unmittelbar in den unterdimensionierten Bereich geklebt, sondern von Auflager zu Auflager. ›
  • Für höhere Anforderungen eignen sich Schlitzlamellen. Sie wirken ähnlich wie ein einbetonierter Bewehrungsstab. Bei ausreichender Verbundlänge kann die komplette Zugkraft verankert werden. Betongüte bzw. Untergrund spielen hier nur eine untergeordnete Rolle, entscheidend ist jedoch die Betondeckung des vorhandenen Betonstahls. Allerdings ist das Herstellen von Schlitzen v.a. über Kopf sehr aufwendig und kostenintensiv.
  • Eine alternative, zumeist wirtschaftlichere Lösung als Schlitzlamellen stellen aufgeklebte CFK-Lamellen mit Endverankerungssystem dar. Hier wird die Lamelle mit Schrauben und Klebstoff zwischen einer Grund- und einer Deckplatte aus Aluminium gehalten. Die Grundplatte wird in den Beton eingelassen und zusätzlich mit einem Anker im Beton fixiert. Bei Zug in der Lamelle bildet sich im Beton ein Stirndruck aus. Abhängig von der Betongüte kann das 2- bis 3-Fache der sonst üblichen Verbundbruchkraft verankert werden. Sie lassen sich zudem leicht berechnen.
Bei Rechteckquerschnitten und Plattenbalken gilt, dass Zugbewehrung stets durch Bügel zu umschließen ist, um diese Bewehrung an das Fachwerksystem anzuschließen – so auch die außen liegende Zugbewehrung durch CFK-Lamellen. I. d. R. werden dafür Flachstähle als (ebenfalls aufgeklebte) Schubbügel verwendet, die je nach Nachweis noch mechanisch in der Druckzone verankert werden müssen.
Problempunkt Brandfall
Ab einer Temperatur von 50 °C beginnt der Klebstoff im CFK-Lamellensystem weich zu werden und die Lamellen fallen für die Statik rechnerisch aus. Deshalb sollte im Idealfall das Bauteil selbst für den Brandfall nachgewiesen werden. In vielen Bemessungsprogrammen wird eine solche Brand- oder auch Heißbemessung angeboten. Gerade in Bestandsbauten ist die vorhandene Betondeckung jedoch meist nicht ausreichend, um die Tragfähigkeit im Brandfall ohne die CFK-Lamellen nachzuweisen. Eine Lösung sind hier beispielsweise Brandschutzplatten: Eine 10 mm dicke Platte kann fehlende 10 mm Betondeckung mehr als kompensieren, denn die Brandschutzeigenschaften einer solchen Platte sind bei gleicher Dicke um einiges höher als die der Betondeckung und die Platte selbst zudem noch leichter [1]. Die Platte wird nach Verkleben der CFK-Lamellen an das Bauteil montiert.
Ist ein sehr hoher Verstärkungsgrad notwendig, weil selbst bei erhöhter Betondeckung eine solche Brandbemessung nicht mehr funktioniert, sind die CFK-Lamellen für den Brandfall zu schützen. Spezielle CFK-Brandschutzsysteme sorgen dafür, dass nach 90 Min. die Temperatur in der Klebstofffuge unter 50 °C liegt. Diese speziellen Systeme tragen jedoch verhältnismäßig stark auf (ca. 60-80 mm) und benötigen eine Zustimmung im Einzelfall.
Wirtschaftlichkeit
Den Ruf, teuer zu sein, hat die CFK-Verstärkung nicht zuletzt durch die teilweise grundlegenden Fehler bei der Bemessung bekommen: z.B. falsche oder zu sichere Annahmen, mangelnde Voruntersuchungen, hochmodulige Lamellen statt niedrigmoduliger Lamellen, Brandschutzsystem statt Brandbemessung. Trotz statischer Richtigkeit können Bemessungen zu unwirtschaftlichen Ergebnissen führen. Es gibt viele Möglichkeiten, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern, etwa die anderweitige Optimierung des statischen Systems, die Verwendung von Schlitzlamellen oder Endverankerungssystemen, die Optimierung des Bauablaufs, wodurch Lamellen ggf. besser oder früher ausgenutzt werden oder Kräfte sich evtl. umlagern können, breitere statt mehr Lamellen pro Seite usw. Gleichzeitig schreitet die Entwicklung weiter voran. Die etablierten Systeme werden beispielsweise durch die Endverankerungstechnik optimiert. Neue Bemessungsrichtlinien [2] erhöhen außerdem die Wirtschaftlichkeit.
Durch kontinuierlich weiterentwickelte Software ist die Bemessung einfach und schnell zu bewerkstelligen. Grundlegende Fragen und technische Details zum System und zur Ausführung lassen sich damit gleich zu Beginn mit den Herstellern klären. •
  • Literatur: [1] Saint-Gobain Rigips: Glasroc F (Ridurit), Produkt-Datenblatt 2011 [2] DAfStB-Richtlinie: Verstärken von Betonbauteilen mit geklebter Bewehrung. Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Berlin, März 2012
  • Anbieter von CFK-Lamellen-Systemen: S&P Clever Reinforcement, www.sp-reinforcement.de Sto Cretec, www.sto.de MC Bauchemie, www.mc-bauchemie.de Sika, www.sika.ch

Florian Eberth

1983 geboren. Studium des Bauingenieurwesens, 2007 Abschluss. Bis 2011 Mitarbeit bei Sofinel, Paris (F), seitdem bei S&P Clever Reinforcement. Lehraufträge im In- und Ausland. Forschungs- und Entwicklungsarbeiten.


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