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Myra Warhaftig (1930-2008)

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Myra Warhaftig (1930-2008)

Myra Warhaftig (1930-2008)
Eine schmale Frau mit immer noch stark israelischem Akzent, eine starke Frau offenkundig, eine, die gerne stritt, auch gut stritt, die kampfeslustig war und die sich in ihrem viel zu kurzen Leben gleich zwei der großen, auch der schweren Hauptthemen der Nachkriegsmoderne widmete: Das war Myra Warhaftig, die am 4. März 2008 vollkommen überraschend im Alter von 78 Jahren in ihrer zweiten Heimatstadt Berlin verstarb. 1982 war sie erstmals weit über die Grenzen der Architektenschaft hinaus bekannt geworden, mit ihrer Dissertation »Die Behinderung der Emanzipation der Frau durch die Wohnung und die Möglichkeit zur Überwindung«. Eine schmale Kampfschrift, die schnell zu einem Klassiker der Frauenbewegung in der Architektur wurde. Vehement kämpfte die 1930 im britischen Mandatsgebiet Palästina geborene jüdische Architektin, die in Frankreich bei den strengen Modernisten Candilis und Prouvé gearbeitet hatte und in Berlin bei Scharoun, darin gegen die Funktionsküche mit ihrer fordistischen Arbeitseffizienz, gegen das Wegsperren des Alltagslebens von Frauen und Kindern. 1989 begann der Bau des Hauses Dessauer Straße 38-40, mit offenen Küchen selbstverständlich. Warhaftig zog selbst ein, bewies die Tauglichkeit ihres Reformmodells. Schon der gewagte Buchtitel – es muss Tage gekostet haben, ihn gegen die Lektoren durchzusetzen – stand für unorthodoxes Denken und Beharrlichkeit. Die brauchte Warhaftig auch für ihr anderes großes Lebensprojekt: die Erforschung der seit 1933 vertriebenen oder ermordeten deutsch-jüdischen Architekten. Lange war das kein Thema in Deutschland, die Architektenschaft erinnert sich bis heute ungern an ihre Mitverantwortung für den Holocaust, an die schnelle, bereitwillige Gleichschaltung der Verbände, den Ausschluss der Kollegen. Warhaftigs streng biografischer und durchaus moralisch geprägter Forschungsansatz war dabei methodisch nicht unumstritten, viele Forscher pochten darauf, dass Sozialismus oder wenigstens Sozialreform, architektonische Moderne und Judentum keineswegs eine so enge Beziehung eingegangen waren, wie es Warhaftig sehen wollte, forderten mehr Soziologie und mehr historische Analyse. Doch auch diese Kritiker kommen ohne das 2005 erschienene biografische Lexikon (»Deutsche jüdische Architekten vor und nach 1933 – Das Lexikon«, Reimer, Berlin) nicht mehr aus, der längst »der Warhaftig« genannt wird. Dies Buch wird auch eine Grundlage sein für die von Myra Warhaftig lange geforderte Ausstellung im Jüdischen Museum über vertriebene und ermordete jüdische Architekten. Nach Angaben des von ihr mitgegründeten Arbeitskreises hat der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz kurz vor ihrem Tod diese Ausstellung endlich versprochen. Ein Projekt, das alle Förderung der deutschen Architektenschaft und ihrer Verbände verdiente.
~Nikolaus Bernau
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