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Alles für die Katz?

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Alles für die Katz?

~Claudius Ziehr

Vor 130 Jahren fand Richard Wagner hier den Zaubergarten Klingsors. Im kleinen Ort Ravello an der Amalfiküste veranstaltet daher die Fondazione Ravello Jahr für Jahr ein Musikfestival von Weltrang in den Gärten 300 m über der spektakulären Steilküste. Nach einem halben Jahrhundert Freiluftaufführungen wurde nun endlich ein Konzertsaal gebaut, für dessen Entwurf Domenico de Masi, Präsident der Fondazione, einen der Großen der klassischen Moderne, den 102-jährigen Oscar Niemeyer gewonnen hat. Niemeyer, der nie in seinem Leben ein Flugzeug bestiegen hat, sah sich in seinem Büro Videos über Ravello an und zeichnete mit schnellem Strich eine ebenso kühne wie einfache Welle, die er an diese Steilküste pinnen ließ und die nun mit großem schwarzem Auge über die Berge der Halbinsel zu wachen scheint. Der Saal überzeugt mit hervorragender Akustik, und zur Fertigstellung schenkte der brasilianische Architekt dem Auditorium, das seinen Namen trägt, noch den Entwurf von charakteristischen blauen Polstersitzen. Zwar gab es Proteste gegen den Betonbau an der UNESCO-geschützten Küste, doch gehört dieser bereits so selbstverständlich zur Landschaft wie die bunten Majolikakuppeln der Kirchen und wird sicher schon bald die Titelseiten der Tourismusbroschüren zieren.
Nun könnte man sich in Ravello auf den Beginn des Festivals, das am 1. Juli von John Malkovich eröffnet werden soll, freuen. Doch das Auditorium wurde bis auf weiteres vom Gemeinderat nicht zur Nutzung freigegeben. Die Gründe dafür sind schwer durchschaubar und das häufigste Argument das man hört, ist ein schulterzuckendes »Wir sind eben in Süditalien.« Und dort wiegen persönliche Animositäten mehr als rationale Erwägungen. Domenico de Masi verteidigt sein »Baby« mit Zähnen und Klauen, doch der Bürgermeister, der ihm freie Hand ließ, wurde 2006 abgewählt. Die Differenzen mit dem neuen Stadtoberhaupt schaukelten sich dagegen immer weiter hoch und endeten in einer Trotzreaktion. So wurde hinter dem 18-Mio.-Projekt, das zum größten Teil von der EU bezahlt wurde, nach der feierlichen Eröffnung am 30. Januar der Bauzaun wieder zugezogen. Lediglich Anfang Mai durfte die Polizeimusikkapelle aus Salerno ein Konzert geben. Eine weitere Nutzung ist nicht in Sicht. Die Fondazione kämpft derweilen mit dem Problem, dass ihr Hauptsponsor, die Bank Monte dei Paschi di Siena, den Rückzug angekündigt hat. Der ungläubige Beobachter sieht zu, wie ein internationales Kulturprojekt in einem Streit à la Don Camillo und Peppone zerrieben wird.
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