Der japanische Künstler Katsushika Hokusai (1760-1849) gilt als der Erfinder des Cartoons und der Manga-Ästhetik. In seinem Heimatort Sumida (heute ein Stadtbezirk von Tokio) wurde stolz dem berühmten Sohn der Stadt ein neues Museum gewidmet. Hokusais Holzschnitte (»Ukiyo-e« genannt) müssen im Kunstlicht in einem fensterlosen Gebäude präsentiert werden – immer eine schwierige Aufgabe für Architekten. Die gebürstete Metallfassade des Tokioter Hokusai-Museums hat Kazuyo Sejima deshalb zur Gliederung mehrmals eingeschnitten und nach innen und außen gefaltet. Räumlich bringt dieses Fassaden-»Origami« – außer schrägen Glasfassaden, an denen sich die Besucher ihre Köpfe stoßen – zwar nichts, es mildert aber die Box-Erscheinung des Museums baukörperlich und städtebaulich. Der im EG geviertelte Grundriss zerfällt in vier kleine Schachteln. In den Ausstellungsbereichen dominieren – erwartungsgemäß – zurückgenommene, gleißend weiße Interieurs, die aber kaum Raumwirkung entfalten. Besucher fahren in einem engen Fahrstuhl in das 3. OG, wo die Dauerausstellung zu sehen ist. Die über das restliche Gebäude verteilten Sonderausstellungsräume, eine Mini-Bibliothek und ein aseptischer Vortragssaal versprühen den Charme einer vorstädtischen Zahnarztpraxis. Selbst eine Wendeltreppe, die die beiden Haupt-Ausstellungsebenen miteinander verbindet, wirkt seltsam unentschieden und gedrängt. Japans berühmteste Architektin und Pritzker-Preisträgerin hat für Japans berühmtesten Künstler ein Museum entworfen, das zeigt, dass es mit Japans ephemerer, minimalistischer »Kirei«-Architektur (kirei = schön und sauber/rein) zu Ende geht.
- Standort: 2–7–2 Kamezawa, Sumida-ku, Tokio, Japan
Architekten: Kazuyo Sejima/SANAA, Tokio
Eröffnung: November 2016