~Ulf Meyer
Die Ära der strengen Vorarlberger Schule in der zeitgenössischen Architektur scheint zu Ende zu gehen: Statt einer sturen Kiste prägen neuerdings weiche, organische Formen den Rand der mittelalterlichen Innenstadt von Feldkirch. Innen bildet das Montforthaus ein spektakulär schönes Foyer aus, dessen Schwung Besucher von Kongressen, Bällen, Konzerten in das Haus lockt. Das Haus, das nach dem Adelsgeschlecht der Montfort benannt ist und zu Füßen der Schattenburg liegt, zeigt sich zum Rössleplatz hin mit einer frei geformten, 15 m hohen gläsernen Lobby, die zum genussvollen »Foyer-Voyeurismus« einlädt, so die Architekten, die sich 2008 beim Wettbewerb durchgesetzt hatten. Der 16 m hohe Bühnenturm springt zurück, um in der Altstadt nicht zu stark aufzutrumpfen. Denn der Solitärbau ohne Rückseiten fügt sich wie ein Puzzlestück in die drei umgebenden Stadtplätze des Altstadtlabyrinths von Feldkirch ein. Die Fassade besteht aus Streifen aus Jurakalkstein mit einem variierenden Fugenmuster. Als »Ländle-Guggenheim« wird der steinerne »Blob« bereits liebevoll bezeichnet. Durch die umlaufenden Glasflächen hindurch ist der holzgetäfelte Saal von fast allen Seiten aus spürbar und wirkt wie ein edles Instrument. Das Stadtpanorama wird umgekehrt zu seiner Kulisse. Der multifunktionale Saal für gut 1 000 Personen ist innen wie außen mit Birnenholz bekleidet und verhält sich wie ein »Haus im Haus«. Durch verschiebliche Akustikelemente kann er unterschiedliche akustische Qualitäten annehmen. Durch ein fein detailliertes Stahldach fällt Tageslicht auf die umlaufenden Galerien. Wie eine Spirale windet sich die zentrale Treppe empor zu den Seminarräumen und der Dachgartenterrasse mit Restaurant und atemberaubendem Alpenpanorama. Die Oberflächen der Treppenwangen aus weißer Kalkglätte geben der Treppenskulptur ihre monolithische Wirkung.
Das Montforthaus wird mit Geothermie und Photovoltaikanlage betrieben. Die Nachhaltigkeit soll sich auszahlen: Schließlich ist das neue Kulturhaus das größte Bauprojekt in der 800-jährigen Geschichte von Feldkirch, der zweitgrößten Stadt des Architekturwunderlands Vorarlberg.
- Standort: Montfortplatz 1, A-6800 Feldkirch
Architekten: Hascher Jehle Architektur, Berlin, mit Mitiska Wäger Architekten, Bludenz
Bauzeit: Oktober 2012 bis Januar 2015
db deutsche bauzeitung 09|2015